Wer welche Behandlung erhält, ist von Land zu Land wohl unterschiedlich
Keine Intensivmedizin für über 80-Jährige?
Werden in Schweden über 80-jährige Corona-Patienten nicht mehr intensivmedizinisch behandelt? Diese Behauptung wurde in einigen Medien erhoben. Tatsächlich gibt es dort weniger alte Patienten auf der Intensivstation.
In Schweden gelten deutlich lockerere Maßnahmen als in vielen anderen Ländern, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Restaurants und Cafés etwa sind weiter geöffnet, die Regierung setzt auf die Vernunft der Bürgerinnen und Bürger.
Inzwischen sind in dem Land nach offiziellen Angaben 2679 Menschen verstorben, die nachweislich mit dem Coronavirus infiziert waren (Stand: 3.5.2020). Berechnet auf die Einwohnerzahl sind dies mehr als dreimal so viele wie in Deutschland. Dementsprechend dürfte dort auch die Zahl der schwer Erkrankten höher sein. Gleichzeitig verfügt Schweden über deutlich weniger Intensivbetten. Dennoch gibt es laut offiziellen Angaben nach wie vor freie Kapazitäten auf den Intensivstationen.
Mehrfach wurde nun behauptet, dass es noch freie Intensivbetten gebe, weil Schweden ältere Patienten nicht mehr auf der Intensivstation aufnehme – so etwa Ende April in einem Gastkommentar in der österreichischen Zeitung „Der Falter“. Ähnlich äußerte sich ein Arzt aus Nordschweden in der ZDF-Talkrunde bei Markus Lanz. Der Leiter eines Gesundheitszentrums in Lappland behauptete, Über-80-Jährige würden „aussortiert“. Die Statistik spreche hier für sich, sagte der Arzt.
Tatsächlich scheinen auf den ersten Blick die Daten der schwedischen Gesundheitsbehörde seine Aussagen zu bestätigen. In Schweden ist die Zahl der Corona-Patienten, die mindestens 80 Jahre alt sind und intensivmedizinisch behandelt werden, sehr niedrig. Bis Anfang Mai waren es 50 von mehr als 5200 nachweislich Infizierten in dieser Altersgruppe – also weniger als ein Prozent. In anderen Altersgruppen wurden deutlich mehr Corona-Patienten auf einer Intensivstation behandelt: Mehr als zehn Prozent der Infizierten im Alter von 70 bis 79 und mehr als 16 Prozent bei den 60- bis 69-Jährigen.
Eine vergleichbare aktuelle Darstellung der Intensivpatienten aufgeschlüsselt nach Alter gibt es in Deutschland nicht. Jedoch hat das Robert Koch-Institut kürzlich eine Analyse der ersten Wochen nach dem Ausbruch veröffentlicht. Bis zum 17. März wurden demnach Daten zu 121 Covid-Patienten im Alter von mindestens 80 Jahren dazu übermittelt, ob sie intensivmedizinisch behandelt wurden oder nicht. Bei 15 war dies der Fall, also bei gut zwölf Prozent.
Allerdings zeigt ein Vergleich mit einigen anderen Ländern, in denen aktuelle Daten zur Verfügung stehen, dass auch dort eher weniger Patienten im hohen Alter intensivmedizinisch behandelt werden als in Deutschland. In den Niederlanden beispielsweise sind es ebenfalls nur etwa ein Prozent in der Altersgruppe 80 plus und in Dänemark knapp vier Prozent. Auch in Österreich und Kanada scheint der Anteil der über 80-jährigen Covid-Patienten auf Intensivstationen nach aktueller Datenlage eher im niedrigen einstelligen Prozentbereich zu liegen.
Welche Ursachen spielen hier eine wesentliche Rolle?
Interessant ist hierbei der Vergleich der Krankenversicherungssysteme. Deutschland hat als eines der wenigen Gesundheitssysteme keine Bürgerversicherung, sondern ein duales Gesundheitssystem.
Fragt man den gesetzlich Versicherten, dann kommt oft als Antwort, dass eine Bürgerversicherung gerechter wäre. Doch stimmt dies wirklich?
Ganz entschieden nein! Die staatlichen Bürgerversicherungen führen dazu, dass auch gesetzlich Versicherte erheblich schlechtere Leistungen erhalten. Dies wird besonders deutlich durch die Behandlung von Covid-19.
In Ländern mit einem staatlichen Gesundheitssystem oder einer Bürgerversicherung wurden in den letzten 30 Jahren sukzessive die Krankenversicherungsleistungen eingeschränkt oder abgebaut.
Durch das Fehlen von Wettbewerb von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen konnten die Leistungen bei den gesetzlichen Kassen oder im Staatssystem reduziert werden.
Deutlich wurde dies teilweise erst in den letzten 3-5 Jahren zum Beispiel bei Versorgungsengpässen (z. B. in Großbritannien).
Aber auch in Schweden gab es in der gesetzlichen Bürgerversicherung Einschränkungen. Wer in Schweden beispielsweise beim Kardiologen gewesen ist und eine Herzoperation benötigt, erhält nicht vom Kardiologen die Überweisung in ein Krankenhaus und damit die Einweisung, sondern ausschließlich von der Stadtverwaltung.
Gleiches gilt in Schweden auch bei allen anderen Krankheiten.
Zu Deutsch: Die Reihenfolge der stationären Behandlung wird in Schweden seit 1.1.2013 von der Stadtverwaltung festgelegt.
Ob der Bürgermeister, der Unternehmer, der Arbeitnehmer, die Hausfrau, der Schwerbeschädigte oder der ältere Mensch als nächstes dran kommt, entscheidet dort die Stadtverwaltung!
Weitere Leistungsbeispiele in Schweden
Die Wartezeiten auf Facharzttermine und Operationen sind zum Teil mehrere Monate lang. Ähnlich sieht es bei Unfällen aus. Es wird zwar immer ein Krankenwagen geschickt, doch die Wartezeiten auf diesen sind gerade im ländlichen Raum sehr lang. Meistens wird man vom Personal der Rettungsleitstelle gefragt, ob man den Patienten nicht selbst ins Krankenhaus bringen kann.
Bei Schmerzen gibt es das Universalmedikament Pronaxen. Dies wird genau wie Antidepressiva gleich in der Größenordnung von Wagenladungen verschrieben
Hat man vor dem Arztbesuch einen Termin vereinbart bezahlt man 8 Euro. Geht man unangemeldet zum Arzt können unter Umständen bis zu 35 Euro pro Besuch fällig werden.
Weitere Länder mit staatlicher Krankenversicherung bzw. Bürgerversicherung
Neben Grossbritannien und Schweden haben auch Länder wie beispielsweise Italien, Spanien, Frankreich und die Schweiz eine Bürgerversicherung oder staatliche Krankenversicherung, wobei das Wort Krankenversicherung oder Krankenkasse eigentlich meist nicht stimmt.
Warum diese Systeme bei der Leistung sehr anfällig sind, wird deutlich, wenn man die Folgen und den schrittweise vorgenommenen Abbau der Leistungen ansieht.
Fehlt ein Wettbewerb mit einer privaten Krankenversicherung, dann ist die Folge, dass in einer Monokultur Leistungen per Gesetz abgebaut werden können.
Der Vergleich mit der ehemaligen DDR ist hier ein plastisches Beispiel. Wer in der DDR einen PKW wollte, hatte die Wahl zwischen Wartburg oder Trabant. Und die Wartezeiten waren extrem lang. Neben den langen Wartezeiten und einem überteuerten Preis wurde eine Technik geboten, die ins Museum gehörte.
Muss ein Staat Geld sparen, dann wird dies zunächst dort gemacht, wo es nicht so sichtbar wird und der Bürger sich schwer wehren kann. Bei einer Monopflichtversicherung kann der Bürger nicht dem Krankenkassensystem den Rücken kehren.
Und selbst bei einer Bürgerversicherung mit mehreren Anbietern und unterschiedlichen Zusatzversicherungen ist das Problem nicht verändert. Grund Die Mindestleistungen werden gesetzlich geregelt und die Zusatzleistungen werden dann mit Zusatzbeitrag belegt. Eine soziale Krankenversicherung ist damit noch weniger gewährleistet, denn die Zusatzversicherung kann sich nicht jeder Bürger leisten und die Zusatzversicherung muss meist vom Arbeitnehmer alleine getragen werden.
Deutschland hat als eines der wenigen Länder auf der Welt ein duales Krankenversicherung. Hierbei wird neben der gesetzlichen Pflicht, dass sich jeder Bürger versichern muss mit der der Möglichkeit einer privaten Krankenversicherung kombiniert. Die gesetzlichen Krankenkassen und auch der Gesetzgeber hat hierdurch nicht die Möglichkeit die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen immer wieder einzuschränken, denn wenn die Leistungen zu stark reduziert werden, wechseln weitere gesetzlich Versicherte das System.
Insoweit ist das duale Krankenversicherungssystem auch ein Gewinn für jeden gesetzlich Versicherten.
Dies zeichnet sich besonders in der Krise durch den Coronavirus aus. Deutschland hat keine Überlastung bei den Laboren und keine Bettenknappheit. Gerade die sehr gute Infrastruktur bei den Laboren und den Krankenhäusern ist ein Verdienst des dualen Gesundheitssystems, aber auch des umsichtigen Shutdown.
Inwiefern ein Staat es zulässt, dass ältere Menschen eine Behandlung nicht bekommen, ist sehr fraglich. Gleiches gilt auch für die zu behandelnde Personengruppe, die einfach ausgeschlossen wird.
Ein weiteres Beispiel: Die staatliche Krankenversicherung in Großbritannien „National Health Service“.
Wer eine Herztransplantation ab 65 benötigt, hat aufgrund seines Alters keine Chancen. Der National Health Service hat die Behandlungsmöglichkeiten sehr stark auch altersabhängig gemacht.
Inwieweit das sinnvoll ist und ab welcher Altersgruppe, ob dies davon abhängig gemacht werden soll welchen Status ein Mensch hat, ist höchstgradig anzuzweifeln.
Insoweit kann jeder Bürger froh sein, dass wir in Deutschland ein duales Gesundheitssystem haben.
Die geringe Sterberate und die kontrollierte Infektion – auch durch die vorgenommenen Shutdown-Maßnahmen – waren ein Erfolg durch
- das verantwortliche Handeln der Bundesregierung
- und unseres dualen Gesundheitssystems.
Natürlich kann ein Shutdown auch nicht ewig durchgeführt werden und die Öffnung von vielen Einrichtungen muss natürlich wieder erfolgend.
Dies allerdings mit bedacht und der Überprüfung nach jeweils 14 Tagen. Solange die Reproduktionszahl nicht über 1,0 ansteigt wird alles richtig gemacht.
Allerdings muss bei der Reproduktionszahl auch „Gleiches mit Gleichem“ veglichen werden. Beispiel: „Würde die Reproduktionszahl von den Ballungszentren verringert werden und im Landbereich erheblich erhöht, dann würde zwar die Reproduktionszahl geringer ausfallen, aber die Reproduktionszahl wäre weniger aussagekräftig.