Was bedeutet „unsichtbare Falle“?
Der Begriff geht auf Energieexperte Jan Rosenow zurück und beschreibt den sogenannten Primärenergie-Irrtum.
Dabei handelt es sich um den weitverbreiteten Denkfehler, dass man die heutige Menge an fossiler Energie 1:1 durch erneuerbare Energie ersetzen müsse.
Dieser Vergleich führt in die Irre – denn fossile Energieträger verursachen massive Umwandlungsverluste, während Strom aus Wind und Sonne direkt genutzt wird.
Beispiel:

Ein Kohlekraftwerk wandelt nur etwa 35 % der eingesetzten Primärenergie in Strom um – der Rest verpufft als Abwärme.
Eine Wärmepumpe hingegen nutzt Strom drei- bis viermal effizienter zur Wärmeerzeugung.
Der Energiebedarf sinkt also drastisch – doch dieser Effekt wird im Primärenergie-Vergleich ausgeblendet.
Warum ist das problematisch?
- Fehlbewertung des Umbauaufwands: Gegner behaupten, die riesige Primärenergiemenge könne niemals mit erneuerbaren Quellen ersetzt werden. Sie verschweigen, dass durch Elektrifizierung (z. B. Wärmepumpen statt Gasheizung, E-Auto statt Verbrenner) der Bedarf an Energie um bis zu 60 % sinken kann.
- Verzerrte politische Debatte: Durch die Fixierung auf Primärenergie wird suggeriert, dass die Energiewende technisch nicht machbar sei – obwohl es längst praktikable Lösungen gibt.
- Mediale Verbreitung falscher Maßstäbe: Medien greifen oft Zahlen zur Primärenergie auf, ohne sie zu hinterfragen. So entsteht der Eindruck, Erneuerbare seien unbedeutend – obwohl sie längst den größten Anteil an der Stromerzeugung stellen.
Aktuelle Herausforderungen der Energiewende

- Netzstabilität sichern: Mit dem Rückzug großer Kraftwerke fehlen rotierende Massen im Netz. Neue digitale Lösungen wie „synthetische Trägheit“ aus Wechselrichtern müssen diese Funktion übernehmen.

- Trassenausbau beschleunigen: Tausende Kilometer Stromleitungen (SüdLink, SüdOstLink) sind im Verzug – obwohl sie für Windstromtransport unerlässlich sind.

- Bürokratieabbau: Genehmigungen für Windräder dauern teils 6–8 Jahre. Planungsrecht, Beteiligungsverfahren und Klagewege bremsen den Fortschritt.

- Fachkräftemangel: Handwerks- und Installationsbetriebe suchen händeringend nach Personal, um Wärmepumpen, PV-Anlagen und Speicher zu verbauen.

- Speicherlösungen und Flexibilität: Damit die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind nutzbar bleibt, braucht es Lastmanagement, Batteriespeicher und neue Tarife.
Wer blockiert die Energiewende – und warum?

Hauptakteure:
- Fossile Energiekonzerne: Fürchten den Verlust von Milliardeninvestitionen. Ihr Geschäftsmodell basiert auf Öl, Gas und Kohle.
- Atomlobby: Internationale Konzerne wie EDF, Rosatom und Westinghouse preisen Atomkraft als „grüne Brücke“, verschweigen jedoch Risiken.
- Industrieverbände: Energieintensive Branchen lobbyieren für günstige Industriepreise und gegen CO₂-Bepreisung – mit Standortangst-Narrativen.
- Konservative Parteien (CDU, CSU, FDP): Setzen auf „Technologieoffenheit“, oft als Deckmantel für fossile Optionen und Verzögerung.
Taktiken & Strategien:
- Verzögerung durch Gesetzgebung: Bauvorschriften, Abstandsregeln, kommunale Blockaden verhindern Ausbau.
- Medienkampagnen: Über konservative Verlage werden Begriffe wie „Blackout“, „Wärmepumpenzwang“ oder „Öko-Diktatur“ verbreitet.
- Thinktanks & Auftragsstudien: INSM, IWK oder IEA veröffentlichen Studien mit verzerrten Primärenergievergleichen.
- „Klimaneutrale“ Ablenkungstechnologien: CCS, E-Fuels und Atomkraft werden schöngeredet, obwohl sie ineffizient oder spät verfügbar sind.
Was ist zu tun?
- Primärenergie-Denkmuster überwinden: Fokus auf Nutzenergie, Effizienz und Elektrifizierung.
- Klarer politischer Rahmen: Tempo bei Planungssicherheit, Bürgerbeteiligung, Netzausbau und Digitalisierung.
- Lobbyismus zurückdrängen: Entscheidungen müssen sich an Klimazielen und Wissenschaft orientieren – nicht an Renditeinteressen.
- Positive Narrative fördern: Die Energiewende ist eine Chance – für Klima, Wirtschaft und Gesellschaft.
Fazit
Die Energiewende wird nicht an Technik oder Geld scheitern – sondern an Denkfehlern, Verzögerungstaktiken und politischer Mutlosigkeit. Die „unsichtbare Falle“ ist ein gutes Beispiel dafür: Wer den Energiebedarf anhand veralteter Maßstäbe misst, blockiert Fortschritt.
Was wir brauchen, ist Klarheit über den Unterschied zwischen Primär- und Nutzenergie, eine ehrliche Debatte über Machtverhältnisse und eine Politik, die für eine klimaneutrale Zukunft einsteht – nicht für die Gewinne von gestern.
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