Ein Beitrag von
Habt ihr auch alle den Stromausfall letzte Woche gut überstanden? War ja wild, mit all den plündernden Mobs und den explodierenden Trafohäuschen…
Wir haben aus der Not kurzerhand eine Tugend gemacht und am Feuer des Umspannwerks Stockbrot gebacken. Schmeckte etwas nach Kupfer und Gummi, aber unsere Wohnung war ohnehin dunkel und kalt, was sollten wir da?
So ähnlich wurde uns das mehrmals in Aussicht gestellt von der NZZ, Markus Söder („Lange Ausfälle sind ernsthaft zu betrachten“), Friedrich Merz, Jens Spahn und Boulevardheftchen wie der BILD (sogar Buchtitel wurden danach benannt).
Solar- und Windstrom seien zu unzuverlässig, Deutschland könne sich nicht mehr mit Strom versorgen und jetzt würden auch noch die Atomkraftwerke abgestellt.
Und am 11.01.2024 war es dann soweit: Es war recht windstill, es war kalt und januarbedingt auch früh dunkel. Firmen, Haushalte, Wärmepumpen und Haartrockner zogen gegen 18 Uhr satte 70 Gigawatt elektrische Leistung aus dem Netz (entspricht 50 großen Kernreaktoren).
Die Sonne war zu diesem Zeitpunkt schon untergegangen, die Windkraft kam auf nur 6 Gigawatt Leistung. Hier traf also der größte Strombedarf (Höchstwert der letzten 12 Monate ähnlich) mit der geringsten Erzeugung aus Wind und Sonne zusammen. Für den Bedarf von 70 GW leisteten Wind und Sonne 64 Gigawatt zu wenig.
Und was ist passiert? Stromausfall? marodierende Zombiehorden? Nein, nichts davon, denn das deutsche Stromsystem wurde von ein paar recht schlauen Leuten entworfen. Die haben das alles berücksichtigt, so dass meine Eingangserzählung zum Glück reine Fiktion ist.
Das Bild der Stromversorgung zeigt (Quelle https://lnkd.in/enszeHDB):
8 GW kamen aus Wasserkraft und Biomasse, unsere Pumpspeicher lieferten 6 GW, wir importierten 4 GW aus dem Ausland und – fürs Klima leider alles andere als gut – 44 GW kamen aus unseren Kohle- und Gas- und Ölkraftwerken. Die hätten aber locker auch mehr leisten können, insgesamt könnten die ganz allein etwa 77 GW liefern (Quelle https://lnkd.in/eFT_EtrBhttps://lnkd.in/eFT_EtrB).
Wir waren also auf Importe angewiesen? Nein, wir hatten noch 33 GW (!) Puffer. Es war nur billiger, einen Teil zu importieren. Wir hätten gleichzeitig noch eine zusätzliche Million E-Autos an die Wallbox klemmen und ein paar Millionen Wärmepumpen durchlaufen lassen können.
Schlau wäre das nicht gewesen, in Zukunft teilen wir das besser so auf, dass diese Maschinen nicht dann Strom ziehen, wenn wir sowieso schon viel verbrauchen (die E-Autos können zwischen 21 und 6 Uhr aufladen).
Bis wir die Kohlekraftwerke abstellen können, ist also noch einiges zu tun, keine Frage.
Die Sorge, dass hier auf einmal alle Lichter ausgehen, war, ist und bleibt aber ziemlich unbegründet.
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Ein Kommentar von
Felix Möller
Ergänzend dazu: im Gegensatz zu Deutschland kann Frankreich mit seiner Atomstrategie sich im Winter nicht autark mit Strom versorgen. Es gab mehrere Winter, in denen Frankreich nur knapp an rollierenden Blackouts vorbeigeschrammt ist. Die Pläne des Netzbetreibers waren kurz vor der Inanspruchnahme. Die Regierung hat die Bevölkerung eindringlich zum Stromsparen gemahnt. Die Atomkraft ist alles andere als so zuverlässig, wie sie häufig in der Debatte dargestellt wird.
https://www.tagesschau.de/ wirtschaft/weltwirtschaft/stromnetz-frankreich-notfallplan-101.html