Sind die Proteste der Landwirte gerechtfertigt?

Bauernverband führt trotz Reduzierung der vorgesehenen Subventionen bundesweite Protestaktionen durch.

Inwieweit ist es gerechtfertigt, dass der Bauernverband Straßen blockiert und ein Verkehrschaos verursacht?

Sind solche Aktionen nicht vergleichbar mit den Aktivitäten der Klimakleber?

Worum geht es konkret?

Landwirte bezahlen seit 1921 keine KfZ-Steuer. Ebenso erhalten Landwirte einen hohen Anteil der Dieselsteuer wieder zurückerstattet.

Hintergrund der damaligen Förderungen war, den Landwirten den Umstieg auf maschinelle Arbeit zu erleichtern.

Die weitere Subventionierung ist jedoch aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß, denn warum soll in der Landwirtschaft dies subventioniert werden und nicht auch dann z.B.

⁃ Logistik

⁃ Versandfahrzeuge

⁃ jeder LKW-Transport

⁃ jeder beruflich genutzte PKW

ebenfalls diese Erleichterungen erhalten?

Als Gegenargument könnte jetzt wieder kommen, dass man diese Kosten steuerlich als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzen könnte. Dies ist jedoch auch bei allen landwirtschaftlichen Fahrzeugen der Fall.

Wie hoch ist die Agrardieselrückvergütung?
Die Rückvergütung beträgt 21,48 Cent/Liter bei Gasöl (Diesel) und ca. 45,00 Cent/Liter bei Biodiesel und Pflanzenöl.

Inwieweit einzelne Bauern auch für die Privatfahrzeuge der gesamten Familie diese Rückerstattung beantragen, kann hier jetzt nicht bewiesen werden. Allerdings ist es seltsam, dass gerade Landwirte zu einem extrem hohen Anteil PKW‘s mit Dieselantrieb fahren.

Photovoltaik wird fast ausschließlich für Stromgewinnung genutzt.

Zeitgemäß und umweltfreundlich ist diese Dieselförderung nicht! Und auch in der KfZ-Steuer gibt es keinen Grund, warum Arbeitsmaschinen von Landwirten gefördert werden, aber von anderen Berufsgruppen nicht.

Ein Kompromiss, der auch historisch betrachtet sinnvoll wäre, ist die KfZ-Steuer für Stromfahrzeuge zu erlassen.

Die steuerliche Absetzung ist übrigens bei allen Berufsgruppen gegeben.

Neben dieser Subvention ist anzumerken, dass die Subventionierung von Dieselfahrzeugen für den CO2-Gehalt und die Luftverpestung auch nicht gerade für unsere Umwelt gut ist.

Aus diesem Grunde wäre es sinnvoll diese Subventionierungen sofort vollständig – oder zumindest in den kommenden 2 bis 3 Jahren – abzubauen und einen Teil wieder bei neuen landwirtschaftlichen Maschinen zu gewähren. Voraussetzung wäre dann eine Umstellung auf E-Fahrzeuge, wobei auch hier nur eine befristete Förderung bus 2030 sinnvoll wäre.

Weitere Kritik am Bauernverband

Die Sperrung der Straßen durch landwirtschaftliche Fahrzeuge ist in keiner Weise gerechtfertigt. Neben dieser Verkehrsbehinderung soll auch noch die Bahn am ab Montag streiken.

Viele dieser Aktivitäten sind natürlich verfassungsmäßig durch das Demonstrationsrecht erlaubt.

Was über das Demonstrationsrecht hinausgeht sind Aktionen wie beispielsweise

– die Sperrung oder Erstürmungsversuche einer Fähre, auf der Minister Habeck gewesen ist,

– oder die Komplettsperrung von Straßen oder sogar Autobahnen.

Hier können genauso wie bei Aktionen der Klimakleber gefährliche Situationen entstehen, wenn Rettungsfahrzeuge durch einen Traktorkorso behindert werden.

Traktoren zahlen derzeit keine KfZ-Steuer, denn es sind eigentlich landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge und keine Fahrzeuge, die zu Demonstrationszwecke auf öffentlichen Straßen genutzt werden sollten.

Kritik an der CSU und Teile der CDU, insbesondere Friedrich Merz

Die Hinderung von Habeck die Fähre zu verlassen wurde von Hern Wüst und

Während sich CDU-Parteichef Friedrich Merz einen Kommentar zunächst verkniff, blieb auch CSU-Chef Markus Söder still. Bei den Grünen sorgte das für Unmut. „Von Markus Söder und Hubert Aiwanger bislang kein einziges Wort zu den versuchten Angriffen auf #Habeck.

Tatsächlich wetter Aiwanger seit Tagen wegen der Ampel-Sparpläne gegen die Ampel. Auch nach der Blockade von Habecks Fähre teilte er fleißig Posts bei X. Jedoch brachte er dabei weiterhin nur seine Solidarität mit den anstehenden Bauernprotesten ab Montag zum Ausdruck.

Der Bauernverband selber jedenfalls distanzierte sich am Freitagmorgen von der Aktion des wütenden Mobs in Schleswig-Holstein. Präsident Joachim Rukwied schrieb auf Facebook: „Blockaden dieser Art sind ein No-Go!“

Auch die Zurückhaltung des Oppositionsführers Merz ist ein NoGo. Selbst dann, wenn ihm die Proteste gegen die Regierung passen. Merz hätte umgehend gegen die Gewaltversuche gegen Habeck Kritik an diesen 100 Bauern üben müssen. Dies blieb aus. Merz zieht damit die Aktivität der kriminellen 100 Bauern wohl einem Demokratieverhalten vor, wenn es darum geht, der Bundesregierung zu schaden.

Auch die AfD und DieBasis zeigen hier ein Bild, dass ihnen daran gelegen ist, Chaos zu verursachen!

Grund: Die AfD hat in ihrem Wahlprogramm die Streichung der Subventionen bei den Landwirten. Als die Bauern gegen den Subventionsabbau demonstrierten, hat die AfD sofort mitgemacht. Die AfD wollte die Aktion für sich kapern. Der Bauernverband stellte sich jedoch dagegen.

Geht es den Landwirten so schlecht?

Finanziell kommt es auf den Blickwinkel an. Landwirte sind oft aufgrund der Vermögenswerte Millionäre.

Im Jahr 2021 hatte sich bei den Landwirten folgende Einkommenssituation ergeben:

– von Haupterwerbsbetriebe bei 46.118 Euro je AK,
– von Nebenerwerbsbetriebe bei 19.120 Euro je AK und
– von juristischer Personen (z. B. Genossenschaften, AGs) bei 48.083 Euro je AK.

Deutliche Unterschiede gibt es auch durch die Betriebsform, Betriebsart (Ackerbau, Viehzucht etc.) sowie der Region.

Im Wirtschaftsjahr 2021/2022 konnten Landwirtinnen und Landwirte aus Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 59.599 Euro je AK das höchste Einkommen erzielen, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 58.978 Euro je AK und Schleswig-Holstein mit 57.332 Euro je AK. Die geringsten Einkommen entfielen auf Sachsen (39.634 Euro je AK), das Saarland (38.707 Euro je AK) und Baden-Württemberg (35.031 Euro je AK).

Ebenso darf nicht übersehen werden, dass Landwirte erhebliche Subventionen auch aus der EU erhalten.

Im Gesamtkontext geht es den Bauern besser, als den Anderen Erwerbstätigen.

Warum gibt es dann ein Höfesterben?

Dass Landwirte ihre Tätigkeit als Haupterwerbsquelle aufgeben hat meist andere Gründe.

Jeder kennt die Sendung „Bauer sucht Frau“. Viele Nachkommen wollen entweder eine geregelte Arbeitszeit mit geringerer Körperlicher Belastung oder finden keinen Partner, der diese Tätigkeit machen möchte.

Nachwachsende Generationen studieren – nicht immer Agrarwissenschaft – und wollen lieber eine berufliche Tätigkeit mir 30 Urlaubsanspruch, geregelter Arbeitszeit und geregeltem Gehalt.

Das Höfesterben ist keine Folge von finanziellen Einkommen. im Gegenteil. Die Einkommenssituation hat sich bei den Landwirten erheblich verbessert.

Gründe für das Höfesterben sind also eher soziologisch zu finden.

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Neue Subventionen für Landwirte ab 2024

Dass gegen den Subventionsabbau protestiert wird, ist das eine.

Dass zeitgleich ab 2024 neue Subventionen gezahlt werden, ist das andere.

Welche neuen Subventionen bekommen denn Landwirte ab 2024 plötzlich zusätzlich?

Hier eine kurze Auflistung:

Für bestimmte Öko-Regelungen werden höhere Prämien angeboten.

Die Prämien von vier Öko-Regelungen werden im kommenden Jahr angehoben:

– Blühstreifen und -flächen nach den Regelungen 1b und 1c werden mit 200 Euro/ha gefördert.
– Für die vielfältigen Kulturen (Öko-Regelung 2) steigt der Fördersatz auf 60 Euro/ha.
– Mit 200 Euro/ha wird die Beibehaltung von Agroforst (Öko-Regelung 3) unterstützt.
– Für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel (Öko-Regelung 6) gibt es 150 Euro/ha bei Acker- und Dauerkulturen sowie 50 Euro/ha bei Ackerfutterflächen.
– Als Mindestgröße für die Regelung 1a, der zusätzlichen Stilllegung von Ackerflächen, gilt von nun die Vorgabe von 0,1 ha.

Ab 2024 sind in den länderspezifischen Programmen zur Förderung des Ökolandbaus auch diejenigen Landwirtschaftsflächen uneingeschränkt und ohne Prämienkürzungen förderfähig, die im Zuge der Konditionalität stillgelegt werden müssen (4 Prozent nach GLÖZ 8).

Natürlich gibt es – wie auch bei anderen Branchen eine Reihe von Anpassungen (s. https://www.agrarheute.com/management/recht/oeko-regelungen-mindestlohn-aendert-fuer-landwirte-2024-614149 )

Diese Veränderungen betreffen jedoch alle.

Den Bauernprotest – trotz der teilweisen Rücknahme vom Subventionsabbau – empfinde ich persönlich als Zumutung.

Noch extremer finde ich jedoch das Verhalten von den Oppositionsparteien, die gegen die Regierung hier Stimmung machen.

Besonders perfide empfinde ich das Verhalten der AfD, sowie den Politikern Merz, Söder und Aiwanger, die für diese Situation mit gesorgt haben und nun wieder einmal populistisches Verhalten an den Tag legen.

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Nachtrag 7.1.2024

von Werner Hoffmann

Obwohl die KfZ-Steuer-Befreiung weiter besteht und für die Dieselsteuer-Rückerstattung auf 3 Jahre gestreckt wird, will der Bauernverband trotzdem am 8.1.2024 mit der gesamten Bauernlobby und den Parteien:

– CDU (Söder)

– CDU (Merz)

– FreieWähler (Aiwanger)

und den rechtsradikalen bzw. Rechtsextremistischen Kräften #AfD, 3.Weg, DieBasis etc

gegen die Pläne der Subventionskürzungen, die in Stufen vorgenommen werden soll, demonstrieren.

Die rechtspopulistischen Kräfte rufen zum Generalstreik auf.

Chaos und Anarchie ist hier das Programm.

Es wird immer deutlicher, dass o.g. Gruppierungen und Parteien ein Chaos mit dem Ziel verursachen wollen, dass die Bundesregierung aufgibt.

Und genau dieses Aufgeben darf die Bundesregierung nicht tun.

Man sollte nicht übersehen, welche Herausforderungen diese jetzige Bundesregierung hatte und noch hat.

16 Jahre hat die vorherige Regierung die Digitalisierung, Ausbau der Infrastruktur, Erneuerung des Bildungssystems verschlafen. Einziges Ziel war einen eisernen Sparkurs zu fahren und Investitionen deshalb nicht zu tätigen.

Auch die Annexion der Krim wurde nur halbherzig durchgeführt.

Man hat sogar die Abhängigkeit vom russischen Gas noch erhöht.

Und auch mit China ist man fast jeden Desl eingegangen, obwohl man wusste, dass die Abhängigkeit vom Chinesem dadurch wächst.

Die Vorgängerregierungen haben die Abhängigkeiten extrem verstärkt.

Und selbst die Warnsignale, dass die Gasspeicher anscheinend wegen Wartungsarbeiten im Jahr 2021 weniger gefüllt wurden, sind verpennt worden.

Dass zum Zeitpunkt der Bundestagswahl (Ende September 2021) weniger gefüllt waren, war für mich das Warnsignal in meinem Haus die Wärmepumpe als Hybridsystem (somit Gas und Wärmepumpe) einbauen zu lassen.

Was die neue Bundesregierung innerhalb dieser letzten zwei Jahre umsetzen musste, hatte noch keine andere Regierung in so kurzer Zeit machen müssen.

Kaum war Corona abgeschwächt, kam der russische Angriffskrieg mit der Abschaltungserpressung durch Putin vom russischen Gas; klar, das war ja nur wegen „Wartungsarbeiten“…(Ironie off).

Die Folgen daraus waren die Energieversorgung innerhalb von ganz kurzer Zeit neu zu sichern. Darüber hinaus musste die Förderung der erneuerbaren Energie umgesetzt werden, denn es war klar, dass die Klimaänderung nur durch schnelles Handeln umgesetzt wird.

Nicht ohne Grund reisten Habeck, Baerbock und Scholz um die halbe Welt, um neue Kooperationen einzugehen, die auch ein Energiechaos in den letzten beiden Wintern zu vermeiden.

Ja, es wurden auch Kompromisse eingegangen, die man unter normalen Bedingungen nicht eingegangen wäre. Aber die Setzung der Prioritäten war richtig.

Auch die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine stellte erhebliche Aufgaben dar.

Alleine aus der Ukraine kamen über eine Million Kriegsflüchtlinge, denen Deutschland geholfen hat.

Und schaut man sich an, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt, dann ist deutlich zu erkennen, dass wir sehr viele Neue Erwerbstätige haben.

Im Jahr 2023 hatten wir 46 Millionen Erwerbstätige. Und trotzdem haben wir noch zu wenig Arbeitskräfte und Facharbeitskräfte.

Übrigens: Bei 5 bis 6 % Arbeitslosigkeit spricht man von Vollbeschäftigung. Bei dieser Arbeitslosenquote darf man nicht übersehen, dass die Bürgergeldempfänger hierbei berücksichtigt sind, die noch Sprachkurse absolvieren müssen (Bis B 1 erreicht wird vergehen etwa 1,5 Jahre + Aufnahmeverfahren etc ca 2 Jahre). Kein Arbeitgeber braucht Arbeitnehmer, die nicht deutsch sprechen können.

In anderen Ländern ist dies anders (Beispiel: Rumänien, Bulgarien, Polen sprechen auch russisch; Niederlande: englisch).

Übrigens sind die Ukrainer im Bildungsstatus höher ausgebildet, als dies in Deutschland ist. Insofern sind die ukrainischen Menschen auch sehr gut für unseren Arbeitsmarkt. Natürlich erst dann, wenn sie die deutsche Sprache mindestens nach „B1“ beherrschen.