Eine nette Idee wurde heute durch
die Bundesregierung (Erfahrung ist Zukunft) veröffentlicht:
#Couchsurfen
Nachfolgend der Artikel:
„Renate Vig nimmt Menschen aus der ganzen Welt in ihrer Wohnung auf.
Die Welt zu Gast auf dem Sofa
Datum: 31.03.2015
Renate Vig hat Sehnsucht nach fremden Ländern. Weil sie selbst nicht immer wegfahren kann, bietet die 68-Jährige in ihrer Wohnung in Berlin-Lichterfelde regelmäßig #Couchsurfern einen #Schlafplatz an. Ihre Gäste erzählen Vig von ihren Reisen – sie berichtet ihnen von Berlin und der deutschen Geschichte.
Wer Renate Vig besucht, bekommt gelbe Frottee-Hausschuhe und einen Kaffee oder Tee. Ihr Gästezimmer ist klein, aber hell. Weiße Spitzengardinen umrahmen das Fenster. Auf dem Bett liegt eine rote Tagesdecke. Ein Rucksack lehnt an der Wand. Vigs derzeitiger Gast ist gerade nicht da. Die junge Frau ist schon seit dem frühen Morgen unterwegs. Zwei kleine Bonbons hat die Taiwanesin auf die Kommode im Flur gelegt. Dazu einen Zettel: „Ich bin schon früh aufgewacht und aus dem Haus gegangen. Hoffentlich hast du einen schönen Tag.“ Renate Vig beherbergt #Couchsurfer. Über eine Online-Plattform nimmt sie Kontakt zu Menschen auf, die einige Nächte privat in Berlin unterkommen wollen, und lässt diese bei sich übernachten – kostenlos. „Hosten“ heißt das im Jargon der Gemeinschaft. So hat sie schon über 30 Menschen aus aller Welt kennengelernt.
„Bei mir hat schon immer jemand gewohnt, der gerade nicht wusste, wohin“, sagt Vig. Als sie das erste Mal heiratete und von zu Hause auszog, nahm sie zunächst ihren Bruder auf, der wegen seiner langen Haare und Unangepasstheit von den Eltern vor die Tür gesetzt worden war.
„Ich bin kein #Hotel“
Vig weiß, was sie will – und was nicht. „Ich bin kein Hotel“, sagt sie. Partymacher lädt sie nicht ein. Sie mag organisierte und strukturierte #Reisende, die planen, was sie den Tag über in der Stadt unternehmen können. Wenn sie sich mit einem Gast gut versteht, begleitet sie ihn auch mal in die Stadt. Mit einigen Besuchern fährt sie nach Potsdam und erzählt, wie es dort vor dem Mauerfall war. Oder sie schlägt vor, in die Berliner Philharmonie zu gehen.
28 Jahre alt sind #Couchsurfer im Durchschnitt. Vig ist mit ihren 68 Jahren erheblich älter. „Wer will denn zu so einer langweiligen Oma, die nicht mal mitten in der Stadt wohnt?“, fragte sie sich, als sie ihr eigenes #Couchsurfing-Profil anlegte. Vig präsentiert sich auf der Internetseite wie sie ist: unaufgeregt, geerdet, pragmatisch – und nett. Ihren Gästen sagt sie geradeheraus, wenn ihr etwas zu viel wird, ist aber auch flexibel. So nahm sie einmal spontan drei Surfer gleichzeitig auf. Zwei schliefen bei ihr im #Wohnzimmer, eine Surferin in ihrem #Gästezimmer. Vig strahlt, wenn sie heute von diesem Abend erzählt. Sie hätten zusammen einen Dokumentarfilm über den Buena Vista Social Club im Fernsehen gesehen. Eine Surferin hat getanzt.
Ein anderes Mal besuchte sie ein Brasilianer, der sich eine Weltreise mit dem Fahrrad vorgenommen hat. Später verfolgte Vig die Weiterreise des #Gastes auf seinem Blog. Ihr #Lieblingsgast stammt aus Malaysia und hat Vig mittlerweile schon zweimal in Berlin besucht. Über Weihnachten verbrachte die junge Frau eine Woche mit Vig bei deren Mutter.
Was, wenn etwas passiert?
Ihre drei erwachsenen Töchter schütteln den Kopf, wenn die Mutter ihre Wohnung mit Fremden teilt. „Vielleicht bin ich naiv“, sagt die 68-Jährige. „Aber ich denke, dass ich mittlerweile gut einschätzen kann, wer zu mir passt.“ Auf der #Couchsurfing-Webseite hat jedes Mitglied ein Profil. Dort stehen persönliche Informationen – das Alter eines Mitglieds, sein Geschlecht und seine Herkunft. Aber auch, was die Person gerne macht und ob sie wie Vig Blues und Jazz mag oder lieber Metal hört.
Was, wenn etwas passiert? Wenn jemand stiehlt oder einfach nicht mehr gehen will? Mit voller Sicherheit kann niemand sagen, ob ein #Couchsurfing-Profil wahrheitsgemäß ausgefüllt ist. Die Macher der Seite bieten an, gegen eine Zahlung die Echtheit der hinterlegten Daten zu prüfen. Mitglieder bekommen dann eine Art Siegel auf ihr Profil. Aber längst nicht alle User haben Lust, zu bezahlen. Vig verlässt sich auf ihr Bauchgefühl – und hat bislang großenteils gute Erfahrungen mit ihren Surfern gemacht. „Die Hälfte meiner #Gäste mochte ich wirklich, mit noch mal 25 Prozent kam ich zurecht. Der Rest braucht nicht wiederzukommen“, sagt sie, so direkt wie sie eben ist.
Fernweh nach Lissabon
Als Jugendliche wollte Vig nach Borneo, nach London und Japan. Postkarten aus fremden Ländern bestärkten ihren Wunsch nach der Ferne – und frustrierten sie, weil sie von der DDR aus nur in den Ostblock reisen durfte. „Ich wollte lernen, ob wir hier vielleicht etwas falsch machen. Und wissen, wovon die Menschen anderswo träumen.“ Weil sie die Welt über Reisen nicht kennenlernen konnte, meldete sich die Schülerin damals zum freiwilligen Englischunterricht an. Bald fand sie über Bekannte eine Brieffreundin in London, dann eine in Japan. Sie schrieb beiden über mehrere Jahre hinweg. Heute spart Vig auf einen Urlaub in Lissabon.
Vig ist nicht wie andere Menschen in ihrem Umfeld. Viele ihrer Bekannten wünschten sich ihre Ruhe, würden ihren privaten Raum gerne für sich haben. Auch Vig war nicht gleich zu Beginn zu allem bereit. Zunächst nahm sie keine männlichen Reisenden auf. „Was, wenn mich ein #Couchsurfer im Nachthemd sieht?“, fragte sie sich. Einmal tat sie es doch und empfand den Besuch als so unkompliziert, dass sich ihre Bedenken verflüchtigten.
Gegeneinladungen statt Geld
Es ist erst März, aber Vigs Balkontür steht offen. Die Fensterscheiben sind fleckenfrei. „Ein Couchsurfer hat sie mir geputzt“, sagt sie. Geld geben Surfer nicht, dafür zeigen sie sich oft auf andere Weise erkenntlich. Über den Fensterputzer hat sie sich gefreut, am meisten genießt Vig aber Geschichten aus fernen Ländern. „Mich interessiert, wie jemand lebt, was jemand in seinem Heimatland isst. Es gibt so viele unterschiedliche Lebensweisen.“ Die Reisenden, die bei ihr unterkommen, danken Vig für ihre Gastfreundschaft mit kleinen Geschenken und Weiterempfehlungen auf ihrem Online-Profil. Manche laden sie sogar zu sich nach Hause ein.“
Auf der Internetseite von www.forum-55plus.de (Couchsurfensuche) wurde soeben speziell hierfür eine neue Anzeigenrubrik eröffnet (ganz unten). Vielleicht ein neuer Weg, um auch andere Menschen kennen zu lernen.
www.forum-55plus.de