Warum Jens Spahn Noch Immer Fraktionschef Ist – Und Was Das Über Die Politische Kultur In Der CDU Sagt

Ein Beitrag von

Thomas Mühlnickel

Die Akte Spahn ist lang. Sehr lang.

Maskendeals mit Milliardenschäden. Aufträge an Firmen aus dem eigenen Netzwerk, vergeben gegen den ausdrücklichen Rat der Fachabteilungen. Vertrauliche Regierungsvorlagen, weitergeleitet per privater E-Mail an Milliardäre. Beteiligung an einer Lobbyagentur für Gesundheitskunden, während er selbst im Gesundheitsausschuss saß. Verträge per Smiley-Mail, abgeschlossen in einer Krise, deren Folgen heute teure Klagen für den Staat nach sich ziehen. Immer wieder die Vermischung von Privatem und Politischem, zum eigenen politischen oder persönlichen Vorteil.

Es wäre leicht, an dieser Stelle erneut „Rücktritt!“ zu rufen. Doch das greift zu kurz.

Die entscheidende Frage lautet nicht, was Jens Spahn getan hat.
Die entscheidende Frage lautet: Warum greifen die Selbstreinigungskräfte nicht?

Warum macht jemand, der nachweislich gegen den Rat seiner eigenen Experten handelte und dem Staat mutmaßlich Milliarden kostete, anschließend Karriere als Fraktionsvorsitzender?

Die Antwort liegt nicht bei Spahn allein.
Sie liegt bei einer Partei, die ihn erneut aufstellt.
Bei einer Fraktion, die ihn wählt und gewähren lässt.
Bei einem Kanzler, der offenen Machtkonflikten ausweicht.
Und bei einem System, das Loyalität höher bewertet als Integrität.

Politikverdrossenheit entsteht nicht, weil Politiker Fehler machen. Fehler passieren.
Sie entsteht, wenn für alle sichtbar wird: Für „die da oben“ gelten andere Regeln.
Wenn Konsequenzen ausbleiben, obwohl die Akten voll sind.

Parteien tragen eine Verantwortung, die weit über den Schutz der eigenen Leute hinausgeht.
Sie sind Gatekeeper der Demokratie.
Sie treffen die Vorauswahl, lange bevor Wähler überhaupt entscheiden können.

Wer auf Listen steht, wer nominiert wird, wer Macht erhält – all das entscheiden Parteien.
Wenn dabei Loyalität über Eignung gestellt wird, versagen sie in ihrer demokratischen Kernfunktion.
Dann können Wähler nur noch zwischen Kandidaten wählen, die alle durch ein kaputtes Sieb gefallen sind.

Wenn Parteien diese Funktion nicht mehr erfüllenwer dann?

Es geht nicht um Schadenfreude.
Es geht um politische Hygiene.

Und diese beginnt nicht mit Rücktrittsforderungen von außen.

Sie beginnt mit Haltung von innen.

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