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Es war heiß, stickig und irgendwie surreal im völlig überfüllten Presseraum des Weißen Hauses heute Vormittag in Washington, als Donald Trump verkündete, die Nationalgarde in der Hauptstadt einzusetzen und Pam Bondi, seiner Justizministerin, zumindest zeitweise die Gewalt über die Washingtoner Polizei zu übertragen. Umgeben von Kabinettsmitgliedern, teilweise ehemaligen TV-Moderatoren des Senders Fox, wirkte die Präsentation von unsauberen Polizeistatistiken, merkwürdigen Witzen und absurden Vergleichen (Washington ist unsicherer als Bagdad oder Bogota) wie eine bizarre Show in einer Welt der Zukunft, in der einer der mächtigsten Männer der Welt, umgeben von Ja-Sagern, Angst und Schrecken verbreitet, von Chaos spricht, das er mit seinen Aktionen heraufbeschwört, um dann hinterher zu behaupten, eben jenes Chaos müsse noch mit mehr Macht und Gewalt beseitigt werden.
Auf dem Weg vom Weißen Haus in unser Studio rief mich ein Bekannter an, dessen Eltern aus Mexiko kommen. Er sagte, er habe mich auf Bildern aus dem Weißen Haus gesehen, und ich fragte, wie es ihm damit ginge, dass künftig FBI-Agenten, Nationalgardisten und eine von Trump gelenkte Polizei die Straßen von Washington abschreiten, um nach Menschen zu suchen, die sie verhaften und abschieben können. „Angst“, sagte er. „Ich habe Angst. Was ist, wenn irgendwelche Menschen, die sich als FBI-Agenten ausgeben, versuchen, mich zu verhaften? Ich kann ja jetzt nicht mal mehr die Polizei zur Hilfe rufen.“
Das hallt nach.
Jetzt ist es Abend in Washington. Gerade fahren, wie so oft, ein paar Polizeiwagen mit lauten Sirenen an unserem Haus vorbei. Warum? Wem sind sie auf der Spur? Wir wissen noch nicht, was Donald Trump mit seiner neuen Machtfülle machen wird und wie der Kongress in 30 Tagen entscheidet, wenn dieser Erlass bestätigt werden muss. Aber Washington ist mit heute eine andere Stadt geworden.
Was ist, wenn die kommenden Wahlen nicht mehr ordnungsgemäß abgehalten werden und Menschen den Mann im Weißen Haus zur Verantwortung ziehen wollen? Kommen sie überhaupt noch durch? Was passiert mit Kritikern in der Zukunft? Werden sie von irgendwelchen Menschen verhaftet, die Polizisten sind, oder sich als solche ausgeben?

Viele der Bewohnerinnen und Bewohner von Washington werden heute Abend ähnliche Gedanken haben. Ich sehe kleine Grüppchen auf den Straßen, eine Nachbarschafts-WhatsApp-Gruppe tauscht Telefonnummern aus, damit man sich informieren kann, wenn man beobachtet, wie Menschen von der Straße weg verhaftet werden. Wie auf den Bildern, die wir aus anderen Städten wie L.A. kennen.
Die Frage nach heute ist aber eben: Wen soll man denn dann künftig zur Hilfe rufen?
Ich bin heute dankbar, wie lange nicht, dass ich für die Deutsche Welle hier bin und berichten kann, was passiert. Und der Weltöffentlichkeit zeigen kann, wie gefährlich es sein kann, wenn Autokraten die Macht übernehmen und wie schnell eine Reality-Show bittere Realität werden kann.
#Trump