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Ein Beitrag von

Jürgen Schultheis
Sehr geehrte Frau Connemann,
Wissenschaftliche Beratung wird ignoriert

Mir fällt auf, dass in Ihren Kommentaren – wie generell in denen Ihrer Parteikolleginnen und -kollegen – das Wort „Technologieoffenheit“ zwar häufig fällt, aber nie die Empfehlungen wissenschaftlicher Institutionen zitiert werden, deren Auftrag es ist, Sie und mit Ihnen die Bundesregierung zu beraten.

Sie könnten das auch gar nicht: Denn das Ziel, nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt zu hinterlassen, ist nicht vereinbar mit der Absicht, das Ende der Verbrenner-Produktion über 2035 hinaus zu verschieben. Ich nenne das unverantwortlich – ja, sogar einen Verstoß gegen Ihren Amtseid.
Deutschlands 1,5-Grad-Budget ist aufgebraucht

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen, das Beratungsgremium der Bundesregierung, hat 2024 festgestellt:
„Die Obergrenze für einen gerechten Anteil Deutschlands am globalen CO₂-Budget für 1,5 °C ist bereits aufgebraucht.“
Verkehrssektor: Emissionen steigen statt sinken
Der Expertenrat für Klimafragen (ERK), der mit dem Klimaschutzgesetz eingesetzt wurde und die Ziele der Bundesregierung jährlich überprüft, kommt im aktuellen Zweijahresgutachten zum Ergebnis, dass im Verkehrssektor die THG-Emissionen von 2021 bis 2023 gestiegen sind – ich wiederhole: GESTIEGEN sind! „Der Sektor Verkehr hat seine zulässige Jahresemissionsmenge in den Jahren 2022 und 2023 verfehlt.“

2024 hat der Verkehrssektor in Deutschland 143 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen. Das bedeutet, dass 18 Millionen Tonnen mehr Treibhausgase in die Luft abgegeben wurden, als gesetzlich zulässig.
Behördenwarnungen seit Jahren klar

Das Umweltbundesamt, das die Bundesregierung ebenfalls wissenschaftlich unterstützt, weist darauf hin, dass der Verkehrssektor seit 1990 kaum dazu beigetragen hat, die Treibhausgasemissionen zu verringern – und dass die Klimaschutzziele mit den aktuell politisch beschlossenen Maßnahmen verfehlt werden.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina beklagte bereits 2019 die „Tragödie der Langzeitziele“, weil die Kluft zwischen existenzieller Bedrohung und politischem Nichtstun täglich wächst.
+3 °C bis 2050: Fachgesellschaften schlagen Alarm
Die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG), die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) und die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) warnen in einer aktuellen Erklärung, dass bis 2050 die Erderwärmung bei verheerenden +3 °C liegen könnte.
Dabei hatten wir in Paris 2015 vereinbart, die Erwärmung bis 2100 auf +1,5 °C zu begrenzen. Schon 1971 hatten diese Organisationen den CO₂-Gehalt für das Jahr 2000 präzise vorhergesagt – ein Beweis dafür, wie ernst wir diese Warnungen nehmen müssen.
Was jetzt nötig ist
Der Null-Emissions-Verkehr ist überfällig – und das Verbrenner-Aus notwendig. eFuels, auf die Sie setzen, tragen nicht zur Lösung bei, weil sie nicht klimaneutral sind.
Resümee
Ich beobachte mit zunehmender Sorge die wachsende Distanz der Politik zur Naturwissenschaft. Wir werden dafür einen hohen Preis zahlen, wenn Sie sich – und die Politik insgesamt – nicht endlich auf die Grundlagen der Vernunft besinnen.
#Klimaschutz #Technologieoffenheit #Verkehrswende #CO2Reduktion #WissenschaftVorIdeologie