„Ist doch kein Problem. Wenn Wasser knapp wird, bauen wir halt Entsalzungsanlagen….“ So einfach ist die Lösung allerdings nicht!
Deutschland exportiert derzeit Strom nach Frankreich, obwohl Frankreich doch eigentlich durch Die Atomkraftwerke genug Strom selbst produzieren könnte. Oder?
Weit gefehlt. Damit Atomkraftwerke genug Strom produzieren können, ist zur Kühlung viel Wasser notwendig. Genau am Rohstoff Wasser fehlt es dort und zukünftig wohl auch in Deutschland.
Immer wieder gibt es dann die Idee von Wasserentsalzung aus dem Meer. Allerdings ist auch hier eine Reihe von negativen Folgen dann zu berücksichtigen.
Zum Weltwassertag 2019 veröffentlichten die Vereinten Nationen einen Bericht zur Lage der Trinkwasserversorgung. Demnach hat etwa ein Drittel der Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das Problem betrifft auch viele Menschen in Küstenregionen, beispielsweise im Nahen Osten. Sie sind von Wasser umgeben – aber fast nur von Salzwasser. Andere Wasserquellen sind knapp. Die Entsalzung des Meerwassers ist hier eine naheliegende Lösung.
Wie das ZDF berichtet, produzierten 2019 fast 16000 Entsalzungsanlagen in 177 Ländern etwa 95 Milliarden Liter Trinkwasser pro Tag. Einer 2019 erschienenen Studie zufolge kommt fast die Hälfte davon aus Ländern des Nahen und Mittleren Ostens und Nordafrika. Laut dem Magazin GEO finden sich Entsalzungsanlagen aber unter anderem auch in den USA und im Mittelmeerraum. In Europa ist Spanien auf dem Gebiet führend, so das Wissenschaftsmagazin Spektrum.
In Zukunft wird die Bedeutung der Meerwasserentsalzung vermutlich noch ansteigen: Wenn die Weltbevölkerung weiter wächst und (unter anderem durch den Klimawandel) Süßwasserquellen versiegen, werden immer mehr Menschen von Entsalzungsanlagen abhängen.
Wie funktioniert die Entsalzung von Meerwasser?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das im Meerwasser gelöste Salz vom Wasser zu trennen. Am weitesten verbreitet sind die Entsalzung durch Verdampfung und die Umkehrosmose.
• Seit hunderten von Jahren gewinnen Menschen Meersalz, indem sie Meerwasser in flache Becken leiten. Irgendwann ist das ganze Wasser verdunstet und nur das Salz bleibt zurück. Wenn man das verdunstete Wasser auffängt und wieder verflüssigt, erhält man Trinkwasser. In industriellen Anlagen wird dieser Prozess beschleunigt, indem das Meerwasser erhitzt wird. Im Nahen Osten funktionieren viele Anlagen nach dem Prinzip der Verdampfung, so GEO.
• Eine etwas neuere Technik ist die sogenannte Umkehrosmose. Dabei wird das Meerwasser unter hohem Druck durch eine Membran gedrückt. Diese Membran ist so konstruiert, dass sie das Wasser durchlässt und das Salz und andere größere Bestandteile zurückhält.
Meerwasserentsalzung: Eine energieintensive Angelegenheit
Obwohl die beiden Methoden gut funktionieren, forschen Wissenschaftler weiter an neuen Entsalzungsmethoden. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass beide Methoden energieintensiv sind – insbesondere die Verdampfungsmethode. Laut dem ZDF benötigt man pro Kubikmeter entsalzenem Trinkwasser
• 40 bis 85 Kilowattstunden Energie bei der Verdampfungsmethode
• etwa drei Kilowattstunden Energie bei der Umkehrosmose.
Zehn Kilowattstunden entsprechen GEO zufolge der Energie von einem Liter Heizöl. Wenn diese Energie aus fossilen Brennstoffen stammt (laut GEO ist das zum Beispiel im Ölstaat Saudi-Arabien der Fall), geht die Entsalzung mit hohen CO2-Emissionen einher.
GEO berichtet von neuen Entsalzungsmethoden, die mit weniger Energie auskommen oder bei denen allein die Wärme des Sonnenlichts genutzt wird. Verdampfung und Umkehrosmose sind jedoch nach wie vor am weitesten verbreitet.
Wohin mit dem Salz nach der Entsalzung?
Das entsalzene Meerwasser dient als Trinkwasser – doch was tun mit dem Salz, das zurückbleibt? Streng genommen ist es kein reines Salz, sondern extrem salzhaltiges Wasser. Der oben genannten Studie von 2019 zufolge ist die pro Tag erzeugte Menge Abwasser anderthalbmal so groß wie die erzeugte Trinkwassermenge.
Da es am einfachsten und kostengünstigsten ist, leiten viele Anlagenbetreiber das Abwasser zurück ins Meer. So berichtet es der Deutschlandfunk in einer Analyse der Studie. Daraus entstehen zahlreiche Probleme, die auch eine Studie von 2012 festgestellt hat:
• Das stark salzhaltige Abwasser lässt im Umkreis der Entsalzungsanlage den Salzgehalt des Meerwassers ansteigen. Häufig wird das Meerwasser im Zuge der Entsalzung außerdem erhitzt. Salz und Wärme belasten die Ökosysteme, die sich nur begrenzt auf solche Veränderungen einstellen können. Hinzu kommt, dass der Sauerstoffgehalt von Wasser mit steigender Temperatur und steigendem Salzgehalt abnimmt.
• Im Abwasser finden sich neben dem Salz verschiedenste Chemikalien. Zum Teil waren sie möglicherweise schon im Meerwasser. Doch auch bei der Entsalzung kommen zahlreiche Chemikalien wie Salzsäure oder Schwefelsäure zum Einsatz. Viele Rückstände in den Abwässern sind für die Meereswelt schädlich, beispielsweise Kupfer und andere (Schwer-)metalle.
Die Studie von 2012 fügt außerdem hinzu, dass manche Entsalzungsanlagen so gebaut sind, dass kleine Lebewesen hineingelangen können und dort verenden.
Im Grunde gäbe es eine Alternative zur Entsorgung des Abwassers: Laut dem Deutschlandfunk finden sich darin viele Stoffe, die in der Industrie gefragt sind. So lange sich deren Rückgewinnung nicht rentiert, werden aber vermutlich weiterhin viele Abfälle von Entsalzungsanlagen im Meer landen.