– Das Wikingerdorf Gudvangen: Auf den Spuren der Nordmänner
Ein Beitrag von Werner Hoffmann
– Demokratie der Mitte, weil Geschichte erlebbar bleiben muss –
⚓ Ankunft in Vik – Tor zur Vergangenheit
Nach dem Anlegen des Schiffes begann der Landgang per Tenderboot – leise gleitend über das Wasser, umgeben von dramatischen Berglandschaften.



In Vik, einem charmanten Ort am Sognefjord, startete unsere Busreise in eine
längst vergangene Zeit.

Vik blickt auf eine über tausendjährige Geschichte zurück. Bereits in der Wikingerzeit war die Region von großer Bedeutung – als Handelsplatz, Agrarzentrum und religiöser Knotenpunkt. Besonders bekannt ist Vik für den traditionsreichen Käse Gamalost und die einzigartige mittelalterliche Architektur.
⛪ 1. Stopp: Die sagenhafte Hopperstad Stabkirche

Erster Halt war die eindrucksvolle Hopperstad Stabkirche – ein wahres Juwel norwegischer Baukunst. Sie wurde um das Jahr 1130 errichtet und zählt zu den ältesten noch erhaltenen Stabkirchen Norwegens.
Die Architektur ist einzigartig: Überlappende Holzschindeldächer, filigrane Drachenköpfe und mystische Symbolik verbinden altnordische Baukunst mit christlichen Elementen.

Die Kirche wurde vom Norwegischen Verein für Denkmalpflege (Fortidsminneforeningen) liebevoll restauriert und vermittelt heute ein authentisches Gefühl mittelalterlicher Spiritualität.
Mehr zur Kirche: kulturpunkt.org – Hopperstad Stabkirche
燎 Vik – Heimat des Gamalost: Der Käse der Wikinger
Neben seiner spirituellen und landschaftlichen Bedeutung ist Vik auch kulinarisch bedeutsam – als eine der letzten Regionen Norwegens, in denen noch der Gamalost (übersetzt: „alter Käse“) traditionell hergestellt wird.
Der Gamalost ist kein Käse für jedermann – intensiv im Geschmack, bröselig in der Konsistenz, dunkelgelb bis bräunlich in der Farbe. Aber er ist ein echtes Wikinger-Erbe: Schon vor über 1000 Jahren war er eine wichtige Eiweißquelle für Seefahrer und Bauern – haltbar, nährstoffreich und ohne zugesetzte Labstoffe.
Historische Herstellung:
Die traditionelle Produktion beginnt mit entrahmter Sauermilch, die vorsichtig erwärmt und unter ständigem Rühren dickgelegt wird. Die Masse wird anschließend in Holzformen gepresst, oft mit Runenmustern verziert. Danach beginnt die Trocknung – in offenen, luftigen Speichern, wo der Käse seine charakteristische feste Konsistenz erhält.
Besonders charakteristisch: Der Gamalost wird mit Edelschimmel aus der Umgebung eingerieben, ähnlich wie Blauschimmelkäse – allerdings nur auf der Oberfläche. Der Reifungsprozess kann mehrere Wochen dauern und verleiht dem Käse seine unverwechselbare Tiefe.
Im örtlichen Gamalostfestival wird dieser Käse jedes Jahr gefeiert – inklusive Verkostung, Live-Herstellung und Musik.
️ Panoramafahrt über Vikafjellet & Stalheimskleiva
Im Anschluss fuhren wir weiter durch die spektakulären Landschaften Westnorwegens.
Die Route führte über das Vikafjellet – ein Hochplateau mit glitzernden Bergseen und schroffen Felsen. Immer wieder Fotostopps – kristallklare Luft, endlose Weite, unvergessliche Ausblicke.
Besonders spektakulär: die Fahrt über die Stalheimskleiva – eine der steilsten Serpentinenstraßen Europas. Hier schraubt sich der Bus durch enge Kehren mit Blick auf Wasserfälle, steile Berghänge und tiefe Schluchten. Ein echtes Highlight der Reise!
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Zwischen Elch, Bär und Farbenspiel – Norwegens Natur erzählt Geschichten
Wer durch Norwegen reist, begegnet nicht nur atemberaubenden Landschaften, sondern auch einer Tierwelt, die so still wie majestätisch ist – und einer Architektur, die durch ihre Farben mehr verrät, als man denkt.
Geformt von Eis und Zeit
Norwegens Landschaft war einst doppelt so hoch und sanfter geformt.
Erst die Eiszeiten meißelten das heutige Bild:
Gletscher schoben sich mit gewaltiger Kraft durch Täler, schürften Gestein ab und hinterließen die charakteristischen U-Täler.
Als die Gletscher vor rund 10.000 Jahren schmolzen, flutete das Meer die tiefen Rinnen – die Fjorde entstanden: von Bergen umrahmte Meeresarme, heute Wahrzeichen Norwegens.

Farben, die sprechen – Häuser als Spiegel der Gesellschaft
In Norwegen war die Farbe eines Hauses nie nur eine Frage des Geschmacks – sie war ein soziales Statement:

- Rot: Günstig herzustellen aus Fischleberöl und Eisenoxid – das pragmatische Rot der Bauern und Fischer.
- Weiß: Teures Metallweiß, Symbol für Eleganz und Wohlstand – ein Statussymbol.
- Gelb: Die freundliche Farbe der Bauernhöfe – traditionell, warm, einladend.
- Blau: Küstennähe, Meeressehnsucht – das Leben mit und am Wasser.
- Grün: Harmonie mit der Landschaft – besonders in den Bergen oft zu sehen.
- Schwarz: Wärmespeichernd, modern, schlicht – beliebt in kalten, schneereichen Regionen.
So wird jedes Haus in Norwegen zum kulturellen Zeugnis von Naturanpassung, Ressourcenverfügbarkeit – und sozialem Wandel.
歷 Elch – der stille Riese des Nordens

Der Elch ist das größte Wildtier Norwegens – und zugleich sein bekanntestes. In den Wäldern und an Waldrändern des Südens und Ostens begegnet man ihm durchaus häufig. Besonders im Morgengrauen oder in der Dämmerung kann er plötzlich am Straßenrand auftauchen – ein beeindruckender, aber auch gefährlicher Anblick im Straßenverkehr.
- Norwegisch: Elg
- Größe: Bis 2,3 m Schulterhöhe
- Verbreitung: Ganz Norwegen, besonders im Osten
- Begegnungschance: Hoch
Braunbär – der scheue König der Wälder

Weniger bekannt, aber ebenfalls heimisch ist der Braunbär – allerdings nur in kleinen Beständen und abgelegenen Grenzregionen zu Schweden, wie in Hedmark oder Finnskogen. Die rund 150–200 Bären leben extrem scheu, sind nachtaktiv und meiden den Menschen.
- Norwegisch: Bjørn
- Lebensraum: Grenzregionen, tiefe Wälder
- Gefahr für Menschen: Sehr gering
- Begegnungschance: Extrem selten

Weitere wilde Bewohner
- Wolf (Ulv): Wenige Rudel, streng geschützt, umstrittene Population
- Luchs (Gaupe): Scheu, selten sichtbar, vor allem in bewaldeten Regionen
- Moschusochse (Moskus): In Dovrefjell heimisch – urzeitlich wirkend und imposant
Resümee
Norwegen ist ein Land, in dem sich Naturgeschichte und Kultur tief miteinander verweben. Die Fjorde, durch Eis geformt, bilden die Bühne. Elche und Bären beleben sie im Verborgenen. Und die Hausfarben, scheinbar nebensächlich, erzählen Geschichten über Klima, Status und Gemeinschaft.
Wer in Norwegen unterwegs ist, bewegt sich nicht nur durch eine Landschaft – sondern durch ein lebendiges, vielschichtiges Geschichtsbuch aus Farbe, Stein und Tier.
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️ Wilde Bärte, weise Runen – Mein Tag im echten Wikinger-Dorf von Gudvangen
Wo Geschichte nicht erzählt, sondern gelebt wird
Ein Beitrag von
Werner Hoffmann – Demokratie der Mitte, weil Geschichte fühlbar sein muss
⛰️ Die Kulisse: Tiefer Fjord, hohe Berge – und ein Zeitsprung ins Jahr 900

Es beginnt früh am Morgen. Unser Schiff legt an der rauen Westküste Norwegens an.
In der Ferne ragen dramatische Felswände über dem glitzernden Wasser auf – wir sind im Nærøyfjord, einem UNESCO-Welterbe.
Von hier aus geht es weiter mit dem Bus, vorbei an Wasserfällen, an grasenden Ziegen, durch das enge Tal von Stalheimskleiva – bis wir schließlich eintreffen: im Wikingerdorf Gudvangen, dem vielleicht authentischsten Ort, um in die nordische Vergangenheit einzutauchen.

Gudvangen – kein Museum, sondern ein echtes Dorf mit echten Wikingern
Was Gudvangen von anderen Freilichtmuseen unterscheidet?

Hier leben Menschen wie im 10. Jahrhundert. Es gibt keine abgesperrten Areale, keine „Bitte nicht anfassen“-Schilder. Stattdessen: offene Werkstätten, rauchende Feuerstellen, Felle, Rinderknochen, alte Kräuter, Wikinger mit tätowierten Armen und selbstgenähten Tuniken.
Und mittendrin: wir – Besucher, die keine Zuschauer bleiben dürfen, sondern eingeladen sind, Teil der Geschichte zu werden.
臨 Station 1–3: Textilien, Schafe und ein ganz besonderer Geruch
Unsere Tour beginnt in einem unscheinbaren Holzhaus, dem „Textilhaus“.




Hier erzählt uns ein Wikinger in Tunika, Beinwickeln und Bart von der zentralen Rolle der Textilherstellung im Alltag:
- Wolle war das Rückgrat der Kleidung – gewonnen von nordischen Schafen mit Doppelfell
- Gereinigt wurde die Wolle in Flüssen, mit Steinen beschwert – oder mit bloßen Händen gewaschen
- Danach: Spinnen mit Holzspindeln, Weben mit dem Gewichtswebstuhl – ein Prozess, der für eine Tunika bis zu 400 Stunden dauerte
Wir lernen: In der Wikingerzeit war Kleidung nicht nur praktisch – sie war Status, Können, Schönheit. Und alles begann mit einem nassen, stinkenden Schafsfell.
Farbenrausch statt Lederklischee
Besonders eindrucksvoll: die Färbetechniken.
Grün aus Brennnessel, Gelb aus Zwiebelschalen, Braun aus Nussschalen. Aber für Rot, Blau und Lila brauchte man:
- Waid – eine Pflanze, die durch Oxidation aus grünem Sud blau färbt
- Ammoniak – erzeugt durch wochenlang vergorenen Urin (!)
- Cochenille-Insekten – 5.000 Stück für ein Kilo Lila-Farbe
Farben waren teuer – und wer Rosa oder Purpur trug, war kein Modeschöpfer, sondern ein reicher Krieger, ein Jarl, vielleicht ein König.
喝 Station 4: Opfer, Götter, Valhalla – Glaube als Lebensziel






Dann kommt der Moment, der den Besuch in etwas anderes verwandelt:
Wir stehen auf einer Lichtung vor geschnitzten Holzfiguren. Unser Guide – ein mitreißender Erzähler in Wikingerkleidung – spricht über den Glauben der Nordmänner:
- Über Odin, der sich selbst an den Weltenbaum hing
- Über Thor, den wetterlaunischen Held mit Hammer
- Über Freya, Göttin der Liebe und des Krieges
- Über Loki, Vater von Monstern wie Fenrir und Hel
- Und über den Weg nach Valhalla: nur wer im Kampf stirbt oder sich freiwillig opfert, darf hinein
Es ist rau, es ist archaisch – aber auch voller Poesie. Die Götter sind keine fernen Herrscher, sondern begleitende Spiegel des Lebens. Sie lieben, saufen, scheitern. Wie wir.
Ragnarök und das Ende der Welt
Wir hören vom Schicksal der Welt: Ragnarök.
Der Fenrirwolf verschlingt Odin. Thor tötet die Weltschlange, stirbt aber an ihrem Gift. Die Sonne vergeht. Doch am Ende entsteht eine neue Welt – aus der Asche, mit neuem Leben.
Ein ewiger Kreislauf – Tod ist nicht das Ende, sondern ein Übergang.
Axtwerfen, Bogenschießen – und Apfelopfer an die Götter
Nach der Tour haben wir Zeit zur freien Verfügung. Was tun?

- Axtwerfen auf Baumstämme
- Bogenschießen mit handgeschnitzten Bögen
- Besuch des Schmieds am Dorfrand
- Oder: Ein Apfel als Opfer an Idun bringen – Göttin der Jugend
Wir essen ein einfaches, aber authentisches Wikinger-Mahl: Fleisch, Fladenbrot, Wildkräuter – gewürzt mit Geschichten.
Ein letztes Foto – und der Blick zurück
Ich fotografiere den Erzähler. In seinem Gesicht: ein Lächeln, das mehr sagt als tausend Bücher.
Gudvangen ist keine Rekonstruktion. Es ist Erinnerung in Echtzeit.
⚔️ Resümee
Ein Tag im Wikingerdorf ist kein Museumsbesuch.
Es ist eine Zeitreise in eine Welt voller Härte, Hoffnung und Handwerk. Man riecht das Feuer, hört das Klopfen der Schmiede, spürt die Kälte der Berge – und merkt: Diese Kultur war mehr als Plünderung und Helme mit Hörnern.
Sie war Gemeinschaft. Glaube. Kunst. Und Kampf um Sinn.
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Gesellschaftsform der Wikinger – zwischen Clankultur und Frühdemokratie
⚖️ 1. Thing – das Versammlungswesen (frühdemokratisches Element)
Das „Thing“ (oder Þing) war die wichtigste institutionelle Struktur:
- Es war eine Volksversammlung freier Männer (Frauen hatten nur indirekt Einfluss)
- Hier wurden Gesetze beschlossen, Streitigkeiten geschlichtet, Urteile gefällt
- Es gab regionale, überregionale und sogar nationale Things (z. B. das „Althing“ auf Island – seit 930 n. Chr.)
- Alle freien Männer durften mitreden und mitentscheiden, z. B. bei:
- Streitigkeiten
- Landverteilungen
- Allianzen und Fehden
- Sippenverträgen
→ Das Thing war damit ein Element früher basisdemokratischer Rechtsprechung – allerdings nur innerhalb der Oberschicht.
2. Jarls, Könige und lokale Machthaber – (proto-monarchisch)
- Die Wikinger kannten keine zentralisierte Monarchie wie in späteren Königreichen
- Es gab viele lokale Herrscher (Jarls), die über ihre Gebiete herrschten
- Manchmal wurden Könige (Konungr) gewählt – vor allem in Norwegen, Dänemark, Schweden
- Aber: Die Macht eines Königs war nicht absolut – sie beruhte auf Loyalität, Gefolgschaft und dem Ansehen im Thing
→ Es handelte sich eher um eine aristokratische Stammesherrschaft mit Wahlmonarchie-Elementen
3. Keine Anarchie – sondern klar strukturierte soziale Ordnung
Trotz der kämpferischen Außenwirkung war das Wikingerleben nicht chaotisch oder anarchisch, sondern:
- Stark reglementiert durch Gewohnheitsrecht
- Klar strukturiert in soziale Klassen:
- Jarls – die adelige Oberschicht
- Karls – freie Bauern, Handwerker, Händler
- Thralls – Unfreie/Sklaven (meist Kriegsbeute)
Ehre, Blutrache, Sippenrecht – all das ersetzte ein formales Staatswesen.
→ Die Wikinger lebten also in geordneten Stammesgesellschaften mit starker Gemeinschaftsethik – kein anarchisches Durcheinander.
Resümee
Die Wikinger kannten keinen zentralen Staat, aber sie entwickelten bemerkenswert frühe Formen von Mitbestimmung. Das Thing war ein Vorläufer heutiger demokratischer Institutionen – wenn auch elitär geprägt.
Ihre Gesellschaft war weder Monarchie noch Demokratie, sondern ein klanbasiertes Ehren- und Rechtssystem, in dem Entscheidungen gemeinschaftlich, aber durch Hierarchie geprägt getroffen wurden.
Nach dieser Besichtigung ging es zurück zum Schiff.
Und während der Rückfahrt gab es noch einige Geschichten vom Reiseleiter:
Trolle in Norwegen – Magische Ungeheuer oder stille Hüter der Berge?
Wenn sich die Nebel über Norwegens tief eingeschnittenen, abgeliebten Tälern legen und das Sonnenlicht nur zaghaft durch die moosbedeckten Wälder dringt, dann kann man sie fast noch spüren – die alten Geschichten von Trollen.
Diese uralten Wesen gehören zu den bekanntesten Figuren der nordischen Volksüberlieferung und sind tief mit der norwegischen Identität verwoben.
In ihren sprachlichen Wurzeln bedeutet das Wort „Troll“ etwas Unheimliches oder Magisches – ein Wesen, das sich außerhalb der natürlichen Ordnung bewegt.
In der altisländischen Edda-Literatur tauchen sie nur vereinzelt auf, dort eher als Jötunn – also Riesen, die mit den Göttern in ein kosmisches Ringen geraten. Diese mythologischen Riesen waren Spieler in einem göttlichen Drama. Doch im Laufe der Jahrhunderte emanzipierten sich die Trolle der norwegischen Folklore zu eigenständigen Sagengestalten – oft mit sehr lokalem Bezug.
Wie sehen Trolle aus?
Die Vorstellungen sind vielfältig. In manchen Geschichten sind sie riesig, manchmal sogar berggroß. Es heißt, sie hätten lange Nasen, zerzaustes Haar, dicke Finger und leben in dunklen Höhlen oder hinter donnernden Wasserfällen. Andere Sagen beschreiben kleinere Trolle, manchmal menschenähnlich, aber mit einem einzigen Auge oder einem Schwanz. Besonders faszinierend sind die sogenannten Hülde-Trolle – schön anzusehen, aber trügerisch. Sie besitzen manchmal einen Kuhschwanz, verlocken Wanderer, führen sie in die Irre oder verführen sie – ganz wie wir das von den Sirenen kennen.
Eines aber ist fast immer gleich: Trolle sind lichtscheu. Sobald sie mit Sonnenlicht in Berührung kommen, erstarren sie zu Stein. Viele bizarre Felsformationen in Norwegen gelten deshalb bis heute als versteinerte Trolle. Vielleicht haben Sie ja schon mal den Begriff Trolltunga gehört – die Zunge des Trolls. Es ist eine markante Felsformation bei Odda, die spektakulär über einem See ragt. Ob sie wirklich einem Troll gehörte, lässt sich schwer sagen. Aber der Name erzählt seine eigene Geschichte.
Was tun Trolle eigentlich?
Trolle sind nicht grundsätzlich böse, aber sie gelten als launisch, misstrauisch und unberechenbar. Sie meiden den Kontakt zu Menschen, reagieren aber mit Wut, wenn man sie stört, betrügt oder ihr Zuhause verletzt. In vielen Volkssagen stehlen sie Kühe oder sogar kleine Kinder, legen Fallen, oder bewachen verborgene Schätze. In anderen Erzählungen helfen sie sogar den Bauern – etwa, indem sie heimlich in der Nacht bei der Ernte helfen, sofern man ihnen zuvor Respekt erwiesen hat.
Bekannt ist auch der Glaube, dass man beim Hausbau besonders vorsichtig sein müsse – denn wenn man einen bestimmten Stein entfernt, könnte es sich dabei um das Zuhause eines Trolls handeln. Wer das missachtet, riskiert Pech, Krankheit oder Unglück. In alten Zeiten stellte man zu Weihnachten sogar eine Schüssel Brei vor die Tür – nicht nur für Hausgeister, sondern auch, um die Trolle milde zu stimmen.
Vom Heidentum zur christlichen Umdeutung
Mit der Christianisierung verschwanden die Trolle nicht. Sie wurden umgedeutet: In der neuen Weltordnung galten sie fortan als dämonische oder teuflische Wesen, als Symbol für das Heidnische und das Dunkle. Doch über die Jahrhunderte verloren sie ihren Schrecken. Im 19. Jahrhundert wurden sie durch die norwegischen Märchensammler Peter Christen Asbjørnsen und Jørgen Moe wiederentdeckt – so wie in Deutschland die Brüder Grimm. Die Trolle wurden zu literarischen Figuren, oft tölpelhafte, listig überlistete Riesen – gefährlich, aber dümmlich, und damit perfekte Gegenspieler für mutige Bauern oder schlaue Kinder.
Ein besonders bekanntes Beispiel ist das Märchen „Die drei Böcke Brüse“. Darin lebt ein Troll unter einer Brücke und will jeden fressen, der darüber geht – bis der größte der drei Ziegenböcke ihn kurzerhand in den Fluss wirft. Eine Geschichte, die bis heute in norwegischen Kindergärten erzählt wird.
Trolle in der Gegenwart – Souvenir, Symbol und Schattenwesen
Heute sind Trolle in Norwegen allgegenwärtig: als Souvenirs mit wackelnden Nasen, als Figuren in Kinderbüchern, als touristische Markenzeichen. Ganze Straßenabschnitte wie die berühmte Trollstigen („Troll-Leiter“) sind nach ihnen benannt. Museen, Restaurants, Aussichtspunkte – überall trifft man auf trollige Namen und Dekorationen.
Auch in der internationalen Popkultur sind Trolle angekommen: in Videospielen, in Fantasyromanen, in Filmen wie Trollhunter, Frozen oder Troll. Mal düster, mal freundlich, mal weise. Und manchmal – da passiert es einfach so: Man verliert einen Handschuh im Wald, einen Schlüssel, ein ganzes Picknickbrot. Und die Norweger sagen dann augenzwinkernd: „Das waren wohl die Trolle.“
Denn das gehört auch zur Erzählung: Die Trolle nehmen sich manchmal heimlich etwas, wenn sie merken, dass jemand unhöflich ist oder sich nicht an die Regeln der Natur hält. Deshalb gibt es bis heute einen alten norwegischen Brauch: Wenn du etwas aus der Natur nimmst – eine Blume, einen Apfel, einen schönen Stein –, dann lass auch etwas zurück. Vielleicht einen kleinen Kieselstein, ein Lächeln, ein Danke. So zeigt man den Trollen, dass man respektvoll ist.
Und Trolle merken so etwas.
Sie mögen keine Gier. Aber sie mögen Höflichkeit, Teilen, Achtsamkeit. Und wer freundlich ist – den lassen sie in Ruhe. Oder helfen sogar heimlich, still und unsichtbar.
Resümee
Die Trolle sind mehr als nur ein folkloristisches Märchenwesen. Sie verkörpern Norwegens tiefe Verbindung zur Natur, zu Mythen, zur Stille – und zur Demut gegenüber einer Welt, die größer ist als wir selbst. In Stein gemeißelt, in Geschichten bewahrt, in Herzen behalten.
Wer mit offenen Augen reist, wer respektvoll mit der Natur umgeht, könnte sie vielleicht entdecken: als Schatten zwischen den Bäumen. Als Lichtblitz hinter einem Wasserfall. Als Fels, der irgendwie… lebt. Und wer weiß: Vielleicht entdecken Sie beim Sichten Ihrer Urlaubsfotos später auch noch einen kleinen Schatten, der da gar nicht hingehört.
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