
Ein Beitrag von
Werner Hoffmann
Die Vision: Saubere Energie durch Kernfusion
Die Kernfusion gilt seit Jahrzehnten als Hoffnungsträger der Energiezukunft. Sie verspricht:
- Unerschöpfliche Energie aus Wasserstoff-Isotopen
- Kein CO₂-Ausstoß
- Kein Atommüll wie bei Kernspaltung
- Keine nuklearen Kettenreaktionen
Doch wie weit ist die Forschung wirklich?
Und:
Kann man durch Fusion mehr Energie erzeugen, als man hineinsteckt?
Eines Vorab: Mich erinnert die derzeitige Phantasie mehr Energie zu gewinnen, als man aufwenden muss, an die Alchemie, Gold selbst aus Chemikalien zu produzieren.
Und selbst wenn dies mal irgendwann funktionieren würde, wäre der Aufwand höher, als der Ertrag.
Aber es gibt immer Business-Verkäufer, der auf dem Weg dahin prima absahnen.
Ideen in neuen Schläuchen zu verkaufen hatten einige Menschen immer erreicht, wobei nichts gegen die Forschung einzuwenden ist.
Durch die Forschung wurden letztendlich viele Dinge erreicht.
Aber man sollte realitätsnah bleiben.
Und man kann nicht davon ausgehen, dass in den kommenden 20 Jahren ein Energiesystem erfunden wird, das unsere Energieprobleme löst.
Ausschließlich die erneuerbare Energie kann den co2-Fußabdruck reduzieren.
Die wichtigsten Fusionsversuche im Überblick
1. National Ignition Facility (NIF), USA – Laserfusion
- Ort: Lawrence Livermore National Laboratory (Kalifornien)
- Methode: 192 Hochleistungslaser beschießen eine winzige Wasserstoffkapsel, um eine Fusion zu zünden.
- Erfolg: Im Dezember 2022 wurde mehr Energie durch Fusion freigesetzt (3,15 MJ) als direkt durch Laserenergie in die Kapsel eingebracht wurde (2,05 MJ).
- Aber: Der Energieaufwand für die Lasersysteme betrug rund 300 MJ – Nettoverlust also.
- ✅ Energie aus Fusion erzeugt
- ❌ Nettoenergiegewinn: Nein
2. JET (Joint European Torus), Großbritannien – Magnetfusion
- Ort: Culham Centre for Fusion Energy
- Methode: Tokamak-Reaktor mit magnetischem Einschluss von Plasma aus Deuterium und Tritium.
- Rekord: Im Februar 2024 erzeugte JET 69 MJ Energie in 5 Sekunden – Weltrekord.
- Aber: Der Energieaufwand lag deutlich höher.
- ✅ Energie aus Fusion erzeugt
- ❌ Nettoenergiegewinn: Nein
3. ITER, Frankreich – das größte Fusionsprojekt der Welt
- Ziel: Demonstration eines „Q-Werts“ von mindestens 10 – also 10-mal mehr Energie durch Fusion als zur Erhitzung des Plasmas nötig.
- Status: Reaktor noch im Bau, erste Plasmatests für ca. 2035 geplant.
- ❌ Noch keine Energieerzeugung
- ❌ Noch kein Nettoenergiegewinn
4. SPARC, USA – privatwirtschaftlicher Hoffnungsträger
- Entwickelt von: Commonwealth Fusion Systems (Ausgründung des MIT)
- Technologie: Kompakter Tokamak mit neuartigen Hochtemperatur-Supraleitern
- Versprechen: Kommerzielle Fusion ab den 2030er Jahren
- ⏳ Noch in Entwicklung
- ❌ Noch kein Energiegewinn
⚖️ Kann Kernfusion wirklich „mehr Energie erzeugen“?
„Es gibt kein System im Universum, das mehr Energie erzeugt hat, als es hatte – wenn man den Gesamtaufwand betrachtet.“
✅ Das ist physikalisch richtig.
Nach dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik kann Energie nicht erzeugt oder vernichtet werden, sondern nur umgewandelt – z. B. von Masse in Strahlung.
☀️ Beispiel Sonne: Widerspricht sie dem?
Nein. Die Sonne erzeugt Energie durch die Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium. Dabei geht Masse verloren – etwa 4,2 Mio. Tonnen pro Sekunde – die laut Einsteins Formel E = mc² in Energie umgewandelt wird. Das ist keine „Schöpfung“ von Energie, sondern eine massive Umwandlung.
Ziel der Fusionsreaktoren auf der Erde
Kernfusionsanlagen wie ITER oder SPARC wollen nicht Energie aus dem Nichts erzeugen – sondern:
- Eine hohe Menge nutzbarer Energie aus einer kleinen Menge Brennstoff freisetzen
- Möglichst mit wenig Energieeinsatz zur Zündung
- Innerhalb der Naturgesetze
Ein „Q-Wert“ über 1 (also Energiegewinn im Reaktorinneren) ist dabei ein erstes Etappenziel. Ein Nettoenergiegewinn inklusive aller Betriebssysteme ist noch schwieriger – und bisher nicht erreicht worden.
Zusammengefasst: Der aktuelle Stand
- ✅ Fusion im Labor ist real möglich
- ❌ Nettoenergiegewinn wurde weltweit noch nicht erreicht
- ⚠️ Sonne & Fusion erzeugen keine Energie aus dem Nichts – sie wandeln Masse in Energie um
- Zukunftspotenzial enorm, aber:
- Noch Jahrzehnte bis zur kommerziellen Nutzung
- Technisch und wirtschaftlich hochkomplex
Resümee
Die Kernfusion bleibt eines der spannendsten Zukunftsprojekte der Menschheit – und gleichzeitig eines der schwierigsten. Sie ist kein Energie-Wunder, das Naturgesetze aushebelt, sondern ein raffinierter physikalischer Prozess: Masse wird zu Licht.
Das große Ziel ist es, dies so effizient zu machen, dass am Ende wirklich mehr nutzbare Energie zur Verfügung steht, als für den Betrieb nötig ist – und das dauerhaft und kontrolliert.
Hashtags
#Kernfusion #Energiezukunft #Physik #CDU #Deutschland #Fusion #ITER #NIF #JET