Die Hanns-Seidel-Stiftung – politische Bildung, formale Neutralität und reale Machtfragen

Ein Beitrag von

Werner Hoffmann.
– Wir brauchen für eine funktionierende Demokratie keine Extremparteien, sondern Parteien, die die Mitte vertreten! –

Die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) gehört zu den parteinahen politischen Stiftungen in Deutschland und ist der CSU ideell zugeordnet.

Formal versteht sie sich als unabhängige Institution der politischen Bildung, der Forschung und der internationalen Zusammenarbeit.

In der Praxis bewegt sie sich jedoch wie viele parteinahe Einrichtungen im Spannungsfeld zwischen Neutralitätsanspruch und politischer Nähe.

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Gerade in der Energie- und Klimapolitik wird dieses Spannungsfeld besonders deutlich.

Selbstverständnis: Bildung statt politischer Forderungen

Offiziell betont die Hanns-Seidel-Stiftung, keine tagespolitischen Positionen im Stil eines Parteiprogramms zu vertreten. Ihre Veröffentlichungen zu Energie, Klima, Mobilität oder Wirtschaft werden häufig als analytisch, moderierend und wissenschaftlich gerahmt.

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Typische Leitbegriffe, die in diesem Umfeld immer wieder auftauchen, sind Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Technologieoffenheit und Wettbewerbsfähigkeit.

In vielen Debatten werden harte politische Festlegungen nicht in den Vordergrund gestellt, sondern eine Transformation als schrittweise, wirtschaftsverträglich und technologisch offen beschrieben.

Diese Zurückhaltung wird oft als Seriosität verkauft, hat aber zugleich eine klare politische Wirkung, weil sie den Rahmen dessen setzt, was als „realistisch“ gilt.

Auffällig: Keine klare Position zum Verbrenner-Aus

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Bemerkenswert ist, dass die Stiftung selbst keine klar erkennbare, prominent platzierte institutionelle Position zum europäischen Verbrenner-Aus ab 2035 formuliert.

Weder findet sich ein deutliches, zentrales Papier, das das Verbrenner-Aus klar unterstützt, noch eine eindeutig ausgewiesene Grundsatzablehnung als Stiftungslinie.

Gerade weil das Thema industriepolitisch zentral ist, klimapolitisch hochrelevant und seit Jahren ein Konfliktfeld in der deutschen und europäischen Debatte darstellt, wirkt diese institutionelle Zurückhaltung besonders auffällig.

Markus Ferber: Vorsitzender der Stiftung und politischer Akteur

Quelle: siehe unten*

Der Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung ist Markus Ferber, CSU-Politiker und Mitglied des Europäischen Parlaments. Ferber ist kein Randakteur, sondern seit Jahren in wirtschafts- und finanzpolitischen Zusammenhängen präsent und innerhalb der europäischen Fraktionsstrukturen gut vernetzt.

Der entscheidende Punkt ist jedoch folgender: Während die Stiftung als Organisation in der Energie- und Klimapolitik eher zurückhaltend auftritt, hat ausgerechnet ihr Vorsitzender in der politischen Arena beim Thema Verbrenner-Aus sichtbar mitgewirkt.

Das Verbrenner-Aus wurde verlängert und abgeschwächt

Seltsamerweise zeigt sich hier ein Kontrast, den man nicht wegwischen sollte. Denn Markus Ferber gehörte zu den politischen Akteuren, die darauf hingewirkt haben, dass das ursprünglich beschlossene Verbrenner-Aus in seiner Wirkung verändert, verlängert und abgeschwächt wird.

Ein zentraler Hebel war dabei die politisch durchgesetzte E-Fuel-Ausnahme, die es ermöglicht, Verbrennungsmotoren über synthetische Kraftstoffe weiterhin als Option zu behandeln.

Unabhängig davon, wie man diese Ausnahme bewertet, ist die Wirkung klar:

Das ursprünglich als eindeutige Weichenstellung gedachte Verbrenner-Aus wurde durch politische Nachverhandlungen spürbar relativiert. Und genau hier entsteht der Kontrast zur zurückhaltenden Außendarstellung der Stiftung selbst.

Der zentrale Widerspruch

Hier liegt der Kern des Problems. Auf der einen Seite steht eine Stiftung, die institutionell betont, Debatten zu moderieren und wissenschaftlich zu begleiten.

Auf der anderen Seite steht ein Vorsitzender, der als aktiver Berufspolitiker an genau den politischen Stellschrauben mitdreht, die den Kurs europäischer Klimapolitik verändern.

Formal kann man das trennen. Politisch bleibt jedoch die Frage stehen, ob diese Trennung in der öffentlichen Wirkung wirklich glaubwürdig ist.

Stiftungen sind keine neutralen Räume

Politische Stiftungen prägen Debatten nicht nur durch konkrete Forderungen, sondern durch Themensetzung, Deutungsrahmen, Veranstaltungen, Publikationen und die Auswahl dessen, was als „vernünftige Mitte“ präsentiert wird.

Wer die Begriffe liefert, liefert oft auch die Grenzen des Sagbaren.

Wenn eine Stiftung konsequent Technologieoffenheit betont, vor Überregulierung warnt und harte Vorgaben eher als Risiko für Wettbewerbsfähigkeit diskutiert, entsteht ein Umfeld, in dem politische Abschwächungen leichter als „pragmatisch“ erscheinen.

Fossile Energie und soziale Fragen wie Mindestlohn

Ähnlich zeigt sich das Muster in angrenzenden Feldern wie fossile Energie oder sozialen Fragen wie dem Mindestlohn. Auch dort dominiert häufig der Blick auf wirtschaftliche Belastungen, Systemwirkungen und Verteilungseffekte. Das ist legitim, aber es ist nicht wertneutral.

Es folgt typischerweise einer eher konservativen, wirtschaftsorientierten Rahmensetzung.

Resümee

Die Hanns-Seidel-Stiftung gibt sich in der Energie- und Klimapolitik gern als zurückhaltend, analytisch und moderierend.

Doch diese Zurückhaltung ist nicht unpolitisch.

Dass ausgerechnet ihr Vorsitzender Markus Ferber politisch maßgeblich daran mitgewirkt hat, das Verbrenner-Aus zu verändern, zu verlängern und abzuschwächen, macht deutlich, wie eng Bildungsarbeit, Diskursrahmen und reale Gesetzgebung miteinander verbunden sind.

Die Stiftung mag keine Gesetze beschließen. Aber über Personen, Netzwerke und Deutungsrahmen wirkt sie in die politische Realität hinein, oft leiser, aber nicht weniger wirksam.

Quelle:

  • https://www.europarl.europa.eu/meps/de/1917/MARKUS_FERBER/home
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