Zum Vorlesen:
Ein Beitrag von

Werner Hoffmann
Wenn Gerechtigkeit zum Steuerschlupfloch wird
Die sogenannte Aktivrente wird politisch als Erfolg verkauft – als modernes Modell, das älteren Menschen ermöglichen soll, aktiv zu bleiben und steuerlich entlastet zu werden. Doch hinter der glänzenden Fassade steckt ein System, das weniger soziale Gerechtigkeit schafft, sondern vielmehr steuerliche Ungleichheit und Missbrauchsmöglichkeiten.
Wie das Modell funktioniert – und wer davon profitiert

Nach aktueller Regelung dürfen Rentnerinnen und Rentner bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen. Ein Betrag, der im politischen Diskurs als sozialer Ausgleich gilt – tatsächlich aber zum Instrument familiärer Steueroptimierung werden kann.
Denn viele Selbstständige stellen kurzerhand ihre eigenen Eltern im Betrieb an – oft mit vagen Aufgaben wie „Bürohilfe“ oder „Beratung“. Der Effekt: Die Eltern erhalten 2.000 Euro steuerfrei pro Monat, während der Betrieb die Zahlung als Betriebsausgabe absetzt (Eltern: 2 × 2.000 × 12 Monate = 48.000 €).
Und der Clou: Die Eltern helfen zusätzlich als Kreditgeber aus
Noch spannender wird es, wenn ein Steuerberater die Gestaltung optimiert. Dann verleihen die Eltern das so erhaltene Geld gleich wieder an den Betrieb ihres Sohnes oder der Tochter – als sogenannten Firmenkredit.
Beispiel: Zwei Elternteile erhalten zusammen 2 × 2.000 Euro im Monat = 48.000 Euro pro Jahr steuerfrei. Dieses Geld kann anschließend als verzinster Kredit an die Firma zurückfließen.
Ein Zins von etwa 3 % gilt als „marktüblich“ – das sind weitere 1.440 Euro Zinseinnahmen jährlich. So kann der Betrieb die Zinsen auch noch absetzen, und der Zins von 1.440 Euro muss als Zinseinnahmen bei den Eltern nur mit 25 % Kapitalertragsteuer versteuert werden.
Benachteiligung der echten Selbstständigen – verfassungsrechtlich fragwürdig
Während Angestellte und ihre Familien dank Aktivrente steuerfreie Gestaltungsspielräume nutzen können, bleiben echte Selbstständige ohne Angestelltenverhältnis außen vor.
Ein Selbstständiger darf keine 2.000 Euro steuerfrei im Monat verdienen – jede Einnahme wird versteuert, jede Arbeitsstunde zählt.
Diese ungleiche steuerliche Behandlung ist nicht nur ökonomisch unfair, sondern könnte auch verfassungsrechtlich problematisch sein. Das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes verlangt, dass wesentlich gleiche Sachverhalte auch steuerlich gleich behandelt werden. Doch genau das passiert hier nicht.
Missbrauch statt Fairness – Politik mit Schlagseite
Was als Sozialreform verkauft wird, begünstigt in Wahrheit nur jene, die sich eine gute steuerliche Beratung leisten können.
Die CDU/CSU, die dieses Modell mit Nachdruck unterstützt, öffnet damit Missbrauch Tür und Tor – und schwächt zugleich das Vertrauen in die Steuergerechtigkeit.
Während ehrliche Selbstständige weiterhin jeden Euro versteuern müssen, entsteht für Familienbetriebe eine steuerfreie Parallelwelt – finanziert vom Rest der Steuerzahler.
Resümee
Die Aktivrente ist kein Schritt in Richtung Fairness, sondern ein Schritt in Richtung steuerlicher Ungleichheit.
Ein System, das es ermöglicht, Einkommen steuerfrei umzuleiten und Kapital im Familienkreis zu parken, ist kein sozialpolitischer Fortschritt – sondern eine Einladung zum Missbrauch.
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