Peter Thiel: Vom Tech-Visionär zum Weltuntergangs-Propheten

Peter Thiel, Mitgründer von PayPal und Palantir und einer der einflussreichsten Investoren im Silicon Valley, inszeniert sich seit einigen Jahren nicht mehr nur als radikaler Tech-Libertärer.

Immer häufiger tritt er als eine Art apokalyptischer Denker auf: Er warnt vor dem Kommen eines „Antichristen“, vor dem Kollaps wissenschaftlichen Fortschritts und vor einer dunklen Entscheidungsschlacht um die Zukunft der Menschheit.

Exklusive Vorträge im Silicon Valley

Quelle: siehe unten*

In San Francisco hielt Thiel eine Reihe exklusiver Vorträge vor ausgewähltem Publikum. Dort entfaltete er ein Weltbild, in dem sich biblische Metaphern, libertäre Ideologie und High-Tech-Euphorie miteinander verschränken.

Im Zentrum stehen mehrere Thesen:

  • Der „Antichrist“ steht bei Thiel nicht nur für eine religiöse Figur, sondern für eine globale Macht, die wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt unterdrückt.
  • Als Hauptgegner markiert er staatliche Regulierung – vor allem im Bereich Künstliche Intelligenz und digitaler Technologien.
  • Die Gegenwart beschreibt er als Entscheidungsmoment: Entweder setze sich radikale Innovation durch oder eine zentralistische, kontrollierende Ordnung übernehme die Welt.

Thiel inszeniert jede Form von Regulierung als existenzielle Bedrohung. Wer technologische Entwicklung bremse, bahne seiner Lesart nach dem „Antichristen“ den Weg – eine drastische Zuspitzung, die ökonomische Interessen mit religiös aufgeladenen Bildern verschmilzt.

Libertärer Glaube, apokalyptische Rhetorik

Thiels Denken entspringt dem klassischen Silicon-Valley-Libertarismus: Technik gilt als Befreiungsinstrument, der Staat als misstrauenswürdige Instanz, die Innovation bremst. Neu ist, wie stark er dieses Narrativ religiös und metaphysisch überhöht.

Technologie erscheint bei ihm nicht länger nur als Werkzeug, sondern als fast heilsgeschichtliche Kraft. Sie soll Krankheiten überwinden, Ressourcenknappheit lösen und historisch einzigartige Freiheitsräume schaffen. In Thiels Logik gilt daher: Wer diese Entwicklung politisch begrenzen will, stellt sich nicht nur gegen Unternehmen, sondern gegen die Zukunft der Menschheit selbst.

Diese Erzählung passt zu seiner Rolle als politischer Akteur. Thiel lässt seit Jahren konservative und rechtsgerichtete Kandidaten fördern, unterstützt Thinktanks und Kampagnen, die den Einfluss des Staates zurückdrängen sollen. Die Endzeit-Rhetorik verstärkt dabei den Druck: Es geht angeblich nicht um Detailfragen der Regulierung, sondern um Sein oder Nichtsein der Zivilisation.

Widersprüche: Datenmacht und Freiheitsrhetorik

Gleichzeitig ist Thiel über Firmen wie Palantir eng mit militärischer und geheimdienstlicher Datenauswertung verbunden. Während er öffentlich vor totalitärer Kontrolle warnt, baut er an Systemen mit, die staatliche und private Überwachung auf eine neue Stufe heben.

Genau hier setzen viele Kritiker an:

  • Wer Dateninfrastrukturen entwickelt, mit denen Staaten ganze Bevölkerungen ausleuchten können, ist selbst Teil jener Macht, vor der er rhetorisch warnt.
  • Thiels Alarmismus gegen Regulierung blendet aus, dass gerade Regeln für Transparenz, Datenschutz und KI-Kontrolle Übergriffe solcher Systeme begrenzen sollen.
  • Seine Deutung, wonach Regulierung ein Werkzeug des „Antichristen“ sei, verschiebt die Debatte von nüchternen Interessenkonflikten hin zu einer quasi-religiösen Freund-Feind-Logik.

Proteste vor seinen Veranstaltungen, kritische Kommentare von Wissenschaftlern und Bürgerrechtsorganisationen zeigen, dass seine Auftritte längst nicht nur als intellektuelle Provokation gesehen werden, sondern als Versuch, wirtschaftliche Macht politisch abzusichern.

Politische Sprengkraft für die USA und darüber hinaus

Thiels Weltbild wirkt weit über das Silicon Valley hinaus. Es liefert einen ideologischen Überbau für eine Allianz aus Tech-Eliten, rechtskonservativen Politikern und kulturkämpferischen Bewegungen, die jede Form von Regulierung als Angriff auf Freiheit und Fortschritt darstellen.

In den USA fallen diese Botschaften auf fruchtbaren Boden: Konservative Politiker können sich als Verteidiger „wahrer Innovation“ inszenieren, wenn sie Umweltauflagen, Datenschutzregeln oder KI-Gesetze blockieren. Zugleich profitieren Tech-Konzerne, deren Geschäftsmodell gerade auf möglichst wenigen Grenzen im Umgang mit Daten und Algorithmen beruht.

International wirkt Thiels Narrativ als Kontrapunkt zu europäischen Versuchen, Digitalisierung stärker zu regulieren. Während die EU mit Datenschutz-Grundverordnung, Digital Markets Act und geplanten KI-Regeln die Macht großer Plattformen einschränken will, zeichnet Thiel dieses Modell als Vormarsch einer bürokratischen Dystopie.

Resümee: Der Prophet des entgrenzten Fortschritts

Peter Thiel ist längst mehr als ein Investor. Er ist zum Symbol einer Tech-Elite geworden, die ihre wirtschaftlichen Interessen in eine große Erzählung vom Kampf um die Zukunft kleidet. Indem er Regulierung mit dem Bild eines „Antichristen“ verbindet, verschiebt er die Auseinandersetzung über Demokratie, Kontrolle und Macht in eine religiös aufgeladene Zone, in der Kompromisse kaum noch möglich erscheinen.

Gerade deshalb lohnt ein nüchterner Blick: Die Frage ist nicht, ob wir Fortschritt wollen oder nicht. Die eigentliche Konfliktlinie verläuft zwischen einer demokratisch kontrollierten, am Gemeinwohl orientierten Technologie und einem entgrenzten Daten-Kapitalismus, der sich der politischen Verantwortung entzieht. Thiel steht eindeutig für Letzteres – und zeigt damit, wie eng im 21. Jahrhundert Tech-Visionen, Machtansprüche und apokalyptische Bilder zusammenwachsen können.

#Thiel #PeterThiel #Datenkrake #rechtsextrem

error

Gefällt Dir der Blog-Demokratie? Einfach weiterempfehlen