Berater Honorare ./. Provisionsdeckel
Beratungen kosten Zeit. Und die nicht nur vor der Beratung durch Analyse, sondern auch erhebliche Nachbearbeitung. Dies ist auch in der Finanzbranche im Vergleich zu der Renovierung der eigenen vier Wände nicht anders.
Nimmt man die Badezimmer-Sanierung als Beispiel, dann berechnet der Handwerker seine Stunden und erhält zusätzlich durch den Mitverkauf von WC, Dusche, Badewanne, Spiegelschrank oder anderen Utensilien auch Provision.
Auch in anderen Branchen sind diese Kombinationen durchaus normal.
Beispiel:
– KfZ-Werkstatt Audi, Reparaturkosten pro Stunde: 120 Euro +MWSt + Provision (Differenz von Händlerverkaufspreis zu Händlereinkaufspreis bei Ersatzteilen)
– Badsanierung: Stundenpreis ca 77-100 Euro + Provision bei den einzelnen Teilen
– usw.
Vergleicht man die Beraterhonorare in der Finanzdienstleistung, so sind hier Tagessätze von 1.160-1.590 Euro üblich.
Firmen und vermögende Kunden können sich dies leisten.
Für den Durchschnittsbürger und den „kleinen Mann“ jedoch oft nicht finanzierbar.
Versicherungsvermittler erhalten in der Regel ausschließlich eine Provision und kein Beratungshonorar. Honorarberater dürfen keine Provision nehmen, werden aber gegen Honorar bezahlt.
Eine Provisionsdeckelung führt dazu, dass die Beratungsqualität erheblich abnimmt und der „kleine Mann“ keinen vernünftigen Berater findet.
Nimmt man noch spezielle Bereiche hinzu (z. B. betriebliche Altersversorgung oder die komplexe Welt Vermögensübertragung oder die heutige Altersversorgung), dann ist das notwendige Fachwissen aus den unterschiedlichen Rechtskreisen enorm (Arbeitsrecht, Einkommensteuer, Erbschaftsteuer, Körperschaftsteuer, HGB, Erbrecht, Sozialversicherung, Versicherungsrecht).
Der Durchschnittsbürger oder auch Klein- oder Mittelständler ist damit total überfordert.
Konsequenzen sind, dass viele Menschen ihre Versorgungssituation nicht mehr kennen und natürlich keinen Berater auf Stundenbasis sich leisten können und gut ausgebuchte Vermittler für kleine Geschäfte oft auch „keine Zeit“ hat oder leider oberflächlich und schnell die Beratung durchführt.
Verständlich, wenn man dies auch aus Sicht der Vermittler einmal betrachtet.
Die Beratung über eine Privathaftpflichtversicherung dauert auch oft etwas länger, wenn man die Risiken analysiert, bespricht und dann eine Vermittlungsprämie von beispielsweise 50 Euro erhält.
Eine ähnliche Situation ist auch in der Altersversorgungsberatung, wenn für einen Arbeitnehmer die Versorgungssituation ermittelt wird.
Es sind oft viele Schritte notwendig (näheres demnächst in einem weiteren Blogbeitrag).
Analyse der bestehenden:
– gesetzlichen Rente/Versorgungswerk
– betrieblichen Altersversorgung
– privaten Versorgung
– Sparvermögen
– Berufsunfähigkeitsversicherung
– Berechnung der Steuern (die bei allen Versorgungen anders ist)
– fälliger Krankenversicherungsbeitrag
Und anschließend die Ermittlung des passenden Versicherungsschutzes mit den passenden Produkten (zB freiwillige Beiträge in GRV, Riesterrente, Rüruprente, betriebliche Altersversorgung, private Rentenversicherung).
Dies erfordert nach der Erstberatung zunächst eine Bestandsaufnahme und anschließenden Analyse.
Rechnet man die Zeit, die hierfür notwendig ist, dann ergibt sich – auch bei einem Arbeitnehmer mit einem Durchschnittsverdienst von jährlich ca 37.500 Euro folgender Zeitaufwand:
– Erstgespräch mit Bestandsaufnahme: 3-4Stunden
-Analyse mit Recherchen 3-5 Stunden
– Erstellung der passenden Angebote: 2 Stunden
– zweiter Termin: 2-4 Stunden
– ggf 3. Termin mit Antragsausfüllung: 2-3 Stunden
– Nachbearbeitung: 1 Stunde
Gesamtzeit: 13 – 19 Stunden
Bei einem Stundenlohn von 77 Euro (Handwerkerstundenlohn) müsste der Berater zwischen 1.001 Euro und 1.463 Euro in Rechnung stellen.
Eine KFZ-Werkstatt würde 1.856,40 Euro bis 2.713,20 Euro in Rechnung stellen.
Auch bei Geringverdienern mit einem Einkommen von 2.200 Euro ist die Beratung nicht wesentlich kleiner.
Konsequenz: Leittragende einer Provisionskappung sind die „kleinen Leute“, die zunächst schlechter abgesichert und schlechter versorgt sind.
Eine schlechtere Versorgung führt letztendlich zu einer überproportional ansteigenden Sozialhilfe.