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Während das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) meist von CDU, CSU, FDP und neoliberalen Instituten oder Personen gelobt wird, wird das DIW Berlin von denselben Kreisen immer wieder als „links“, „sozialdemokratisch“ oder ähnlich abgestempelt. Warum – und mit welchen Quellen – wird dabei seltsamerweise nie benannt. Meist handelt es sich um emotionale Artikel, die weniger der Analyse dienen, sondern eher der Verunglimpfung.
In diesem Zusammenhang greife ich auf einen älteren Artikel zurück – erschienen 2019 im Cicero. Autor war damals ein Herr Daniel Stelter, der als Ökonom in meinen Augen klar als neoliberaler Ökonom (andere nennen ihn „konservativ wirtschaftsliberal“) einzustufen ist.
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Daniel Stelter, ehemaliger BCG-Berater und neoliberaler Dauergast im Cicero, ist dafür bekannt, regelmäßig mit provokanten Schlagzeilen aufzuwarten.
In seinem Artikel „DIW – Wir brauchen ein ‚linkes‘ Forschungsinstitut“ (2019) holt er erneut zum Rundumschlag aus.
Doch was auf den ersten Blick wie eine scharfe Analyse aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als allgemeines Blabla ohne harte Fakten.
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Stelter behauptet, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) würde mehr „politisch erwünschte Nachrichten“ verbreiten als seriöse Forschung betreiben. Außerdem unterstellt er Präsident Marcel Fratzscher, Studien mit „überoptimistischen Annahmen“ zu veröffentlichen und politisch auf Linie zu agieren. Er spricht von „Rettung durch Kontakte“ und fordert gar ein „linkes Institut“.
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(Meine Anmerkung Werner Hoffmann):
Übrigens ist erkennbar, dass das DIW weder „links“ noch „sozialdemokratisch“ ist. Das zeigt sich schon an einer der jüngsten öffentlichen Debatten: Der Präsident des DIW, Marcel Fratzscher, schlug vor, dass Rentnerinnen und Rentner ein soziales Jahr ableisten sollten.
Dieser Vorstoß wurde sowohl von der SPD als auch von allen anderen Parteien klar abgelehnt und heftig kritisiert.
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Doch – wo bleiben die Belege? Wo sind die Zahlen, Quellen, Fakten von Daniel Stelter?
Wer so groß ausholt, muss liefern. Und genau da wird Stelters neoliberale Rhetorik entlarvt.
Kritische Gegenüberstellung
- „Politisch erwünschte Nachrichten“: ein diffuser Kampfbegriff. Stelter nennt kein einziges konkretes Beispiel, keine Zitate, keine Dokumente.
- Evaluierung durch die Leibniz-Gemeinschaft: Statt klarer Belege bleibt Stelter im Vagen. Er verschweigt, dass das DIW 2019 offiziell als „sehr gut“ bewertet wurde, sowohl in Forschung als auch in Politikberatung und Wissenstransfer.
- „Gerettet durch politische Kontakte“: Ein schwerwiegender Vorwurf, aber ohne Dokumente, ohne Quellen, ohne Nachweise. Es bleibt eine bloße Behauptung.
- Kritik an Armuts- und Mittelschichtsforschung: Ja, das DIW musste vereinzelt Studien nachschärfen – doch OECD und Destatis belegen eindeutig einen Anstieg der Ungleichheit in Deutschland. Stelter unterschlägt diese harten Fakten.
- „Excel-Modelle“ zur Flüchtlingsökonomie: Polemik statt Analyse. Wo sind seine Gegenzahlen? Wo die methodische Kritik mit Quellen? Fehlanzeige.
- „Linkes Institut“: Ein politisches Schlagwort, das unklar bleibt. Weder erklärt er, was damit gemeint ist, noch, wie ein solches Institut wissenschaftlich anders arbeiten sollte.

Die harten Fakten
1. Evaluierung des DIW
- Die Leibniz-Gemeinschaft bewertete das DIW 2019 mit „sehr gut“ in Forschung, Wissenstransfer und Politikberatung.
- Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) erhielt sogar die Note „excellent“ – eine der renommiertesten Datenquellen weltweit.
- Offizielles Zitat: „Das DIW Berlin leistet exzellente Beiträge zur Analyse von Wirtschafts- und Sozialpolitik in Deutschland und Europa.“
2. Wissenschaftliche Anerkennung
- Laut IDEAS/RePEc zählt das DIW zu den Top-10 % Forschungsinstitutionen weltweit.
- Es hat hohe internationale Sichtbarkeit, starke Publikationszahlen und gilt als führend in der empirischen Sozialforschung.
3. Einkommensverteilung und Ungleichheit
- Die OECD dokumentiert klar: Der Gini-Koeffizient für verfügbares Einkommen stieg von etwa 0,26 in den 1990er Jahren auf über 0,30 im Jahr 2020.
- Die oberen 20 % verdienen rund das Fünffache der unteren 20 % – ein klares Signal wachsender Ungleichheit.
- OECD-Studie: „Die deutsche Mittelschicht schrumpft und ist zunehmend gefährdet, in niedrigere Einkommensgruppen abzurutschen.“
4. Methodische Qualität des SOEP
- Natürlich gibt es Herausforderungen bei der Datenerhebung. Das SOEP dokumentiert diese transparent:
- Rund 21 % der Einkommen enthalten fehlende Komponenten und werden imputiert.
- 9 % der Einkommenssumme sind geschätzt (imputiert) – offengelegt in wissenschaftlichen Papern.
- Vergleich mit administrativen Daten (z. B. IEB) zeigt ein Unterreporting bei Löhnen von etwa 7 % – methodisch anerkannt und wissenschaftlich diskutiert.
- Das zeigt keine Manipulation, sondern wissenschaftliche Selbstkritik und Qualitätssicherung.

Resümee
Daniel Stelters Artikel klingt auf den ersten Blick wie eine mutige Abrechnung mit dem DIW. In Wahrheit ist es ein neoliberaler Meinungsbeitrag, der mit harten Fakten wenig zu tun hat.
- Keine konkreten Belege.
- Keine methodische Tiefe.
- Kein Quellenapparat.
Dem gegenüber stehen: Leibniz-Evaluierungen, OECD-Daten und transparente SOEP-Forschung, die klar belegen, dass das DIW sehr wohl seriös arbeitet und international anerkannt ist.
Stelter verkauft Stimmungsmache als Analyse. Das ist Blabla im Gewand des Ökonomen – neoliberales Dauerfeuer ohne Substanz.
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