Bürgergeld-Mythen zerschmettert!

Was die Hetzer verschweigen – und was die Zahlen wirklich zeigen

Ein Beitrag

Werner Koller Ökonomie / Politische
Philosophie / Wirtschaftsrecht.

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Bezugnehmend auf die fast 1.000 Kommentare und Nachrichten anläßlich meiner Beiträge zum Thema „Grundsicherung“ der letzten Tage, hier nochmal die wichtigsten Infos in 4 Grafiken.

Die Sozialausgaben zum BIP sind im wesentlichen konstant und schwanken – mit Ausnahme der Pandemiezeit – in den letzten 30 Jahren zwischen 28% und 30% (Abb. 1). Für 2024 liegt der (vorläufige) Wert bei 30,2%. Es gibt keinen „explodierenden“ Sozialstaat.

Zwischen 2010 und 2024 hat sich der Anteil der Grundsicherung an den Sozialausgaben von 5,8% auf 4,1% reduziert. 2010 betrugen die Kosten für den Bürgergeldvorgänger „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ 1,8% des BIP. 2024 waren es noch 1,3%.

Derzeit erhalten etwa 5,5 Millionen Menschen Leistungen nach dem SGB II. Das entspricht knapp 8% der Arbeitsbevölkerung. 2014 waren es noch 9,2%. Der Wert war bis 2022 rückläufig (Abb. 2). Der folgende Anstieg lässt sich in Gänze auf Geflüchtete aus der Ukraine zurückführen, überwiegend Frauen und Kinder. Dadurch wuchs der Anteil ausländischer Bürgergeldbezieher von 37% auf 48%.

Etwa 1,7 Millionen sind nicht erwerbsfähig, bzw. dürfen gar nicht arbeiten. Weitere 1,8 Millionen sind Kinder und Jugendliche. Und nicht alle erwerbsfähigen Leistungsbezieher sind arbeitslos. Wenn ein Einkommen oder die Rente zu niedrig für den Lebensunterhalt ist, stockt es der Staat mit Grundsicherung auf. (Abb. 3).

Kritiker unterstellen gerne, dass das Bürgergeld davon abhält, Arbeit aufzunehmen, weil man sich mit Sozialtransfers angeblich besserstellt. Das ist schlicht falsch. Auch wer nur zum Mindestlohn arbeitet, hat in jeder Haushaltskonstellation deutlich mehr verfügbares Einkommen (Abb. 4).

Zur Berechnung im Detail: https://lnkd.in/djF7EQVM

Das sieht man auch daran, dass seit Einführung des Bürgergelds die Zahl der Übergänge in den Leistungsbezug nicht zugenommen haben. Und das obwohl der Arbeitsmarkt gerade für Geringqualifizierte seit Ende 2022 schwieriger geworden ist. Wäre die Grundsicherung wirklich so attraktiv, wie oft behauptet wird, warum arbeiten die etwa 6 Millionen Mindestlohnbezieher dann überhaupt?

👉 Der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in den letzten Jahren liegt wesentlich an der Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern. Eine Rückstufung der Ukrainer in das Asylbewerberleistungsgesetz, wie es Herrn Söder vorschwebt, ist dafür völlig kontraproduktiv. Denn es schneidet den Zugang zu Vermittlungs- und Qualifizierungsleistungen von Job-Centern ab.

👉 2024 entzogen sich etwa 5.000 „Totalverweigerer“ Arbeit oder Ausbildung. Das entspricht 0,3% der erwerbsfähigen und 0,1% aller Bürgergeldempfänger.

✅ Bedeutet das jetzt, dass kein Handlungsbedarf besteht? Natürlich nicht. Aber es gibt schlicht wesentlich wichtigere sozialpolitische Aufgaben als das Bürgergeld.

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