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Es gibt Momente, in denen man spürt:
Hier wird nicht nur an Gesetzen geschraubt, hier wird am Fundament der Demokratie gesägt.
Genau so ein Moment ist das, was in Bayern gerade passiert.
Am 16. Februar 2023 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden:
Die hessische und die hamburger Regelung zur automatisierten polizeilichen Datenauswertung sind verfassungswidrig. Zu weit, zu ungenau, zu viele Unschuldige im Raster. Karlsruhe hat also nicht gesagt: „Technik verbieten.“ Sondern: „Nur unter engsten Voraussetzungen – mit klarer Zweckbindung, richterlicher Kontrolle, Protokollierung.“

Und was macht Bayern?
Man baut einfach weiter. Die CSU/Freie-Wähler-Regierung hat sich eine eigene Rechtsgrundlage ins Polizeiaufgabengesetz geschrieben, Art. 61a PAG. Klingt harmlos, heißt „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ – kurz VeRA –, ist aber nichts anderes als der deutsche Einstieg in eine Blackbox.
Palantir, gegründet von Trump-Milliardär Peter Thiel, liefert weltweit Analyse-Software für Polizei, Militär und Behörden: Daten massenhaft bündeln, Risiken berechnen, Abhängigkeit schaffen. Genau diese Software läuft seit Weihnachten 2024 auch in Bayern.
Der Landtag hat am 17. Juni 2024 die PAG-Novelle beschlossen, veröffentlicht am 23. Juli 2024.
Die SPD wollte den Testbetrieb stoppen, doch am 9. April wurde ihr Antrag von CSU und Freien Wählern abgelehnt. Keine Zweidrittelmehrheit nötig, einfache Mehrheit reicht.
Seit 2. September 2024 lief ein Pilotbetrieb, seit dem 25. Dezember ist VeRA im Echtbetrieb. Offiziell nur im Landeskriminalamt, Fraunhofer-Gutachten sagt „keine Backdoor“.
Doch entscheidend ist nicht, ob Daten nach Amerika wandern – entscheidend ist, dass in München eine Blackbox Millionen Datensätze zusammenzieht.
Und das Ausmaß ist absurd: Schon 2022 waren im IGVP 38,7 Millionen Personen gespeichert – 60 Prozent Opfer, Zeug*innen oder bloße Auskunftspersonen. Diese Daten sind nun durchsuchbar, verknüpfbar, filterbar. Kosten: 5,4 Millionen Euro Anschaffung, 0,5 Millionen jährlich im Betrieb.
Politisch heißt das:
Bayern macht genau das, wovor Karlsruhe gewarnt hat.
Man verkauft es als Sicherheit, in Wahrheit verschiebt es die Grenze. Weg vom Beweis, hin zum Score. Wer zufällig ins Raster passt, wer Bekannte im System hat oder am „falschen Ort“ ist – der wird zum Risiko.
Kein Gericht, kein Verdacht, nur eine Wahrscheinlichkeit.
Und hier wird’s gefährlich: Mit solchen Systemen können Regierungen gezielt Gruppen unter Druck setzen.
Migrantische Communities, Klimaaktivist*innen, Oppositionelle – alles unter dem Deckmantel „analytische Abfrage“.
Am Ende bleibt die entscheidende Frage: Wollen wir eine Polizei, die Beweise sammelt – oder eine, die Wahrscheinlichkeiten jagt? Wollen wir Bürger*innen mit Rechten – oder Datenpunkte, die in einer Blackbox verwaltet werden?
Bayern hat sich entschieden. Und das sagt mehr über unsere politische Zukunft aus, als jede Sonntagsrede.
#Überwachung #Demokratie #Palantir #CSU #Grundrechte
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