Bauernproteste – Halbwahrheiten und Lügen

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INTERVIEW KAREN DUVE
„Halbwahrheiten und Ganzlügen“ 
Die ökologisch engagierte Bestsellerautorin kritisiert die Bauernproteste scharf. Die Demos erlebe sie mit „Schrecken und Übelkeit“.

Frau Duve, was halten Sie von den Bauernprotesten? Was ist daran gerechtfertigt, was kritikwürdig?
DUVE | Selbstverständlich ist es legitim zu demonstrieren. Für die Subventionierung fossiler Brennstoffe zu demonstrieren, nachdem man gerade Hunderte Millionen Euro für Schäden kassiert hat, die einem durch den Klimawandel, also unter anderem auch durch die Folgen des Erdöl-Verbrennens entstanden sind, das ist allerdings eine neue Dimension von Dummdreistigkeit. Ich fürchte, der Bauernverband hat sich in den letzten Jahrzehnten einfach zu sehr daran gewöhnt, den Regierungen zu diktierten, wie es der Bauernverband gern hätte. Dann tut es natürlich weh, wenn es plötzlich anders läuft. Anscheinend fehlt den Bauern der kleinen und mittleren Betriebe auch die Fantasie, dass eine Veränderung der Subventionsverteilung – weg vom Gießkannenprinzip, das den größten Bauern auch die dicksten Subventionen zuschanzt, hin zu einer Politik, die Subventionen an verantwortliches Wirtschaften koppelt, gerade ihnen einen Vorteil bringen könnte. Stattdessen vertrauen sie dem Bauernverband, dass es klug sei, genau so weiterzumachen, wie in den letzten 17 Jahren, in denen 42 Prozent der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe eingegangen sind? Man sollte sich nicht so sehr dagegen sträuben, einen Fehler aufzugeben.

Wie erleben Sie persönlich die aktuellen Aktionen?
DUVE | Mit Schrecken und Übelkeit. Wie dieser Streit ausgehen wird, betrifft uns alle. Der Deutsche Bauernverband beherrscht eine raffinierte Marketingstrategie, hochgradig manipulativ und mit dem Geschick, komplexe und komplizierte Sachverhalte auf leicht verdauliche Halbwahrheiten und Ganzlügen herunterzubrechen. Wir haben es hier weniger mit einer Demonstration als mit einem Kräftemessen zu tun: Kann der Deutsche Bauernverband auch weiterhin eine Fehlwirtschaft vorantreiben und alle dadurch entstehenden Schäden und Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen, ohne dass ihm jemand auf die Finger klopft; oder muss er jetzt umsetzen, was eine demokratisch gewählte Regierung ihm vorgibt. Damit wenigstens die allerschlimmsten Fehlentwicklungen aufgehalten werden können.

Wäre die Beibehaltung von Subventionen und damit die Existenzsicherung vieler Betriebe nicht auch ein Beitrag zum Schutz von Landschaft und Natur?
DUVE | Die Landwirtschaft, wie sie in Deutschland betrieben wird, verseucht das Grundwasser durch Nitrat, verursacht Klimaerwärmung, gravierende Bodenverluste und Artensterben. Geht die Subventionierung der verkeimten Geflügel- und Schweineställe weiter wie bisher, fördern wir damit auch noch die Zucht antibiotikaresistenter Keime, die den nächsten gesellschaftlichen Gau auslösen werden: nicht mehr in den Griff zu kriegende Infektionen, Sepsis und Tod wie im Mittelalter.

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