Berechtigte Warnung oder unfundiertes Raunen?
heute Teil 4: Die #Sperrminorität
Von
„33 Prozent plus x“: Björn Höcke gab schon vor Monaten dieses Ziel für die Landtagswahl in Thüringen aus.
Nach derzeitigen Umfragen ist das ein realistisches Ziel. Aber warum 33%?
Was bringt das der AfD, wenn niemand mit ihr koalieren will und sie nicht an die Regierung kommt?
Die Antwort lautet: Eine Sperrminorität. Dieser sperrige Begriff (no pun intended) bedeutet, dass eine Partei mit „33 Prozent plus x“ solche Entscheidungen blockieren kann, für die man eine 2/3-Mehrheit braucht. Hier zwei wichtige Beispiele:
Beispiel 1: Ernennung von Richtern
Die Richter des Thüringer Verfassungsgerichtshofs werden vom Thüringer Landtag mit einer 2/3-Mehrheit gewählt.
Mit 1/3 lassen sich Ernennungen blockieren.
So kann man Ernennungen lahmlegen und hat außerdem einen Hebel in der Hand, um anderweitig Positionen durchzusetzen.
Auch auf die Ernennung einfacher Richter hätte die AfD mit 1/3 Einfluss.
Über deren Ernennung auf Lebenszeit entscheidet nämlich in Thüringen der Richterwahlausschuss.
Dieser setzt sich maßgeblich aus Abgeordneten des Landtags zusammen, die wiederum ebenfalls mit einer 2/3-Mehrheit gewählt werden (Rechtsgrundlagen hier: https://lnkd.in/es5ZxiVS).
Hier hätte die AfD einen immensen Hebel. Das gilt besonders für Thüringen, wo bis 2030 über 60% der Richter pensioniert werden.
Beispiel 2: Verfassungsänderungen
Auch für Änderungen der Thüringer Verfassung bedarf es einer 2/3-Mehrheit im Landtag. Hier bedeutet „33 Prozent plus x“ ebenfalls eine Sperrminorität.
Wie ich in Teil 3 berichtet habe, hat die Thüringer Verfassung an einem Punkt eine große Schwäche: Sie hat bei der Frage, wer im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt werden kann, eine Ambivalenz (reicht es wirklich aus, eine Mehrheit der Stimmen zu haben, egal wie viele Abgeordneten diese Mehrheit ausmachen?).
Diese Ambivalenz ist, wie wir es schon 2020 bei der Kemmerich-Wahl gesehen haben, ein Sprungbrett zur Regierungskrise.
Aus diesem Grund empfehlen viele eine Änderung der Verfassung noch vor der Wahl, um diese Unsicherheit abzuschaffen. Es ist unklar, ob das noch gelingt.
Also:
Selbst wenn die absolute Mehrheit verpasst wird und sich kein Koalitionspartner findet, kann die AfD mit „33 Prozent plus x“ jede Menge Druck auf das politische System ausüben und sich eine veritable Machtposition sichern.
Das war mein (vorerst) letzter Post zu Thüringen. In den nächsten Posts richte ich den Blick nach Sachsen und Brandenburg sowie auf die nächste Bundestagswahl.
Bild: Martin Schutt/dpa (https://lnkd.in/er9R4try)