Ein Beitrag von

– Demokratie der Mitte, weil Extremflügel das Land zerstören.-
—-
Nach dem viel diskutierten Ende des LiMux-Projekts wirkte es lange so, als hätte die Stadt München das Kapitel Open Source endgültig geschlossen.
Doch dieser Eindruck täuscht. München nähert sich freien Softwarelösungen wieder an – nicht laut, nicht ideologisch, sondern schrittweise, professionell und dauerhaft. Der Fokus liegt dabei weniger auf einer großen „Alles-oder-nichts“-Umstellung, sondern auf einem strategischen Ausbau von Open Source dort, wo es der Verwaltung konkret hilft.

Vom LiMux-Aus Zur Neuausrichtung
LiMux war einst eines der bekanntesten Open-Source-Projekte in Europas Verwaltungen. Tausende Arbeitsplätze wurden auf Linux umgestellt, Abhängigkeiten von proprietären Herstellern sollten sinken. Später folgte die politische Kehrtwende – und mit ihr der Abbruch der großen Desktop-Migration. Entscheidend ist jedoch: Das Ende von LiMux bedeutete nicht das Ende von Open Source in München, sondern den Übergang zu einer anderen, pragmatischeren Strategie.
Ein Plan Statt Symbolpolitik
Statt einer neuen Mammutmigration setzt München inzwischen auf ein klares Prinzip: Open Source soll dort eingesetzt werden, wo es sinnvoll, wirtschaftlich und nachhaltig ist. Das ist ein wichtiger Unterschied. Denn damit wird Open Source nicht als Glaubensfrage behandelt, sondern als Werkzeug, um Risiken zu reduzieren, Alternativen zu stärken und langfristig handlungsfähig zu bleiben – gerade in Zeiten wachsender digitaler Abhängigkeiten.

Dazu gehören unter anderem:
- die gezielte Förderung freier Software in der Verwaltung,
- die institutionelle Verankerung von Open Source-Kompetenz,
- die Veröffentlichung städtischer Software als Open Source,
- die Zusammenarbeit mit Communities und anderen Behörden,
- die Orientierung am Grundsatz Public Money, Public Code.
Das OSPO: Open Source Bekommt Eine Feste Adresse

Ein zentraler Schritt ist die Einrichtung eines Open Source Program Office (OSPO). Damit bekommt Open Source in der Stadtverwaltung eine organisatorische Heimat. Ein OSPO sorgt dafür, dass Open Source nicht von Einzelpersonen abhängt, sondern strukturell getragen wird – mit klaren Zuständigkeiten, rechtlicher Absicherung und strategischer Koordination.
Typische Aufgaben eines OSPO sind:
- die Prüfung und Klärung von Lizenz- und Compliance-Fragen,
- die interne Beratung zu Open-Source-Einsatz und Beschaffung,
- die Vernetzung mit externen Entwickler-Communities,
- die Identifikation geeigneter Projekte für die Verwaltung,
- die Förderung der Veröffentlichung eigener Entwicklungen.
Damit folgt München einem internationalen Trend: Immer mehr öffentliche Einrichtungen schaffen OSPO-Strukturen, um digitale Souveränität nicht nur zu fordern, sondern praktisch umzusetzen.

Open Source Sabbatical: Zeit, Geld Und Fokus Für Freie Software
Besonders spannend ist das neue Open Source Sabbatical. Die Idee: Qualifizierte Entwicklerinnen und Entwickler sollen für einen bestimmten Zeitraum finanziell unterstützt werden, damit sie sich konzentriert der Arbeit an Open-Source-Projekten widmen können – Projekte, die für München relevant sind und idealerweise auch anderen Verwaltungen zugutekommen.
Die Besonderheit: Es geht nicht um „Marketing-Open-Source“, sondern um echte Arbeit an echten Problemen – und zwar so, dass der Nutzen nicht nur intern bleibt. Das stärkt gleichzeitig:
- die Qualität und Sicherheit genutzter Software,
- die Unabhängigkeit von einzelnen Herstellern,
- die Wiederverwendbarkeit öffentlicher IT-Lösungen,
- die Zusammenarbeit mit der Open-Source-Community,
- die Attraktivität der Verwaltung als moderner IT-Arbeitgeber.
Praxisbeispiel: Integreat-Chat
Als erstes Projekt im Rahmen dieses Ansatzes wurde die Weiterentwicklung eines konkreten digitalen Angebots umgesetzt: der Integreat-Chat. Ziel ist eine mehrsprachige und möglichst barrierearme Chat-Funktion, die Menschen beim Zugang zu Informationen unterstützt – etwa im Kontext von Integration, Orientierung und Verwaltungsfragen.
Wichtig ist dabei die Logik hinter dem Projekt: Wenn öffentliche Stellen Software finanzieren oder weiterentwickeln, sollte diese Software möglichst offen, prüfbar und wiederverwendbar sein. Genau das ist der Kern von Public Money, Public Code – und genau hier setzt München sichtbar an.
Kein LiMux 2.0 – Und Genau Deshalb Ist Es Interessant

München plant derzeit keine Rückkehr zu einer flächendeckenden Linux-Desktop-Migration. Auf den ersten Blick mag das enttäuschend wirken.
In Wahrheit kann es aber ein Vorteil sein: Denn der neue Kurs macht Open Source breiter, robuster und weniger anfällig für politische Stimmungswechsel.
Statt „Entweder alles oder nichts“ entsteht etwas, das in Verwaltungen oft erfolgreicher ist: ein kontinuierlicher Ausbau. Open Source wird nicht auf ein Betriebssystem reduziert, sondern als strategische Ressource verstanden – für mehr Kontrolle, weniger Abhängigkeit und bessere Zusammenarbeit über Stadt- und Landesgrenzen hinweg.
Resümee
München zeigt, dass Open Source in der Verwaltung nicht zwingend über spektakuläre Großprojekte laufen muss. Entscheidend sind Strukturen, Kontinuität und echte Umsetzungsarbeit. Mit OSPO, Sabbatical-Ansatz und dem Prinzip Public Money, Public Code entsteht eine leise, aber wirksame Rückkehr – und damit ein Signal, das weit über München hinaus Bedeutung haben kann.
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