Ein Beitrag von

Werner Hoffmann.
www.Renten-Experte.de
Immer wieder wird behauptet, manche Menschen würden mehr gesetzliche Altersrente bekommen, als eigentlich maximal möglich.
Als Gründe werden genannt: sehr hohe Einkommen, Kindererziehungszeiten, Pflege, Versorgungsausgleich, Sabbatjahr, Nachversicherung oder Sonderzahlungen.
Die nüchterne Wahrheit:
Fast alles davon ist ein Missverständnis. Es gibt genau eine echte, gesetzlich vorgesehene Ausnahme – und selbst die hat klare Grenzen.

TOP 10-Rente in Deutschland.
Die zentrale Systemregel der gesetzlichen Rentenversicherung

Entgeltpunkte sind kalenderjährlich gedeckelt. Unabhängig davon, wodurch sie entstehen sollen – durch Erwerbsarbeit, Kindererziehung, Pflege, freiwillige Beiträge oder Aufwertungen – gilt:
Mehr als der jeweilige Jahreshöchstwert an Entgeltpunkten ist in einem Kalenderjahr nicht möglich. Dieser Deckel gilt grundsätzlich immer.

Kindererziehungszeiten: Ersatz, kein Bonus
Kindererziehungszeiten
ersetzen fehlendes oder geringes Einkommen,
bringen bis zu 1,0 Entgeltpunkt pro Jahr (maximal 36 Monate je Kind),
wirken nur, wenn der Jahreshöchstwert noch nicht erreicht ist.
Ist der Jahresdeckel bereits ausgeschöpft, entstehen keine zusätzlichen Entgeltpunkte, die Zeit zählt dann nur als Versicherungszeit.
Merksatz:

Pflege von Angehörigen: ebenfalls kein „oben drauf“
Pflegezeiten
können Entgeltpunkte bringen,
werden aus der Pflegeversicherung finanziert,
unterliegen dem gleichen Jahresdeckel.
Wird dieser durch Erwerbsarbeit bereits erreicht, entstehen keine zusätzlichen Entgeltpunkte aus Pflege; auch hier bleibt es bei der Zeitwirkung.
Merksatz:

Versorgungsausgleich: Umverteilung, kein Mehr
Der Versorgungsausgleich
erzeugt keine neuen Entgeltpunkte,
verteilt bestehende Anwartschaften zwischen zwei Personen,
die Gesamtsumme der Entgeltpunkte bleibt unverändert.
Wenn beide Ehepartner im selben Zeitraum bereits den Jahreshöchstwert erreicht haben, findet kein Ausgleich statt – unabhängig vom Einkommen.
Merksatz: Der Versorgungsausgleich gleicht Rentenansprüche aus, nicht Einkommen.
Sabbatjahr, Wertguthaben, Zeitwertkonto: wichtig – aber kein Rententurbo
Wertguthaben (Zeitwertkonten)
verlagern bereits verdientes Arbeitsentgelt zeitlich,
sichern Sozialversicherung in Freistellungsphasen,
verhindern Rentenlücken.
Aber: Sie erzeugen keine zusätzlichen Entgeltpunkte, sie verteilen nur bereits erarbeitetes Entgelt anders, der Jahresdeckel bleibt unangetastet.
Merksatz: Wertguthaben verlängern Beitragszeiten – sie vermehren keine Entgeltpunkte.
Nachversicherung (§ 8 SGB VI): kein Rentenhebel
Die Nachversicherung
ersetzt Beamtenzeiten ohne Versorgungsanspruch durch Beitragszeiten in der GRV,
bewertet diese Jahre so, als hätte reguläre Beschäftigung vorgelegen.
Wichtig: Es entstehen keine höheren Entgeltpunkte, als sie bei normaler sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung entstanden wären, keine Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze, keine Ausnahme vom Jahresdeckel.
Merksatz: Nachversicherung verhindert Rentenlücken – sie erhöht nicht das erreichbare Maximum.
Warum manche Renten trotzdem „überdurchschnittlich hoch“ wirken

aber es gibt sie.
Der Eindruck entsteht nicht durch zusätzliche Entgeltpunkte, sondern durch Faktoren außerhalb der Jahres-EP-Logik:
Späterer Rentenbeginn mit dauerhaften Zuschlägen über den Zugangsfaktor,
Weiterarbeit nach der Regelaltersgrenze mit Zuschlägen von 0,5 % pro Monat und zusätzlichen Entgeltpunkten aus weiterer Beschäftigung.
Diese Effekte multiplizieren, sie durchbrechen aber keinen Jahresdeckel.
Die einzige echte Ausnahme: Sonderzahlungen nach § 187a SGB VI
§ 187a SGB VI – Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente

Dieser Paragraph erlaubt
Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen,
auf Antrag vor Beginn einer vorgezogenen Altersrente,
mit individueller Berechnung durch die Deutsche Rentenversicherung.
Warum § 187a SGB VI einzigartig ist
Beiträge nach § 187a SGB VI
sind nicht kalenderjahresbezogen,
unterliegen keiner Beitragsbemessungsgrenze,
sind nicht an den Jahreshöchstwert der Entgeltpunkte gebunden.
Hier können Entgeltpunkte außerhalb der Jahreslogik entstehen – aber ausschließlich zum Ausgleich von Abschlägen.
Wichtige Klarstellungen
Die Sonderzahlung verpflichtet nicht zu einem früheren Rentenbeginn. Man kann trotz Zahlung auch erst später in Rente gehen – bis zur Regelaltersgrenze oder darüber hinaus.
Steuerlich absetzbar: Die Sonderzahlung gilt als Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung und kann als Sonderausgabe in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden – gegebenenfalls auch über mehrere Jahre verteilt.
Aber: Die spätere Mehr-Rente ist steuerpflichtig und kranken- sowie pflegeversicherungspflichtig.
Resümee
Die gesetzliche Rentenversicherung kennt keinen Entgeltpunkte-Turbo. Sie kennt Ersatz, Verschiebung, Zuschläge – und genau eine Ausnahme zur Korrektur von Abschlägen.
Hohe Renten entstehen durch Zeit, Timing und Systemkenntnis – nicht durch „Extra-Punkte obendrauf“.
Eine gesetzliche Rente auf dem Netto-Niveau eines Oberstaatsanwalts (R2) ist allein nicht erreichbar – dafür wären zusätzlich rund 1.000 Euro betriebliche Altersversorgung pro Monat nötig.
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