Kapitel 6b – Teil 13 – Die internationalen Fossil-Think-Tanks – Wie globale Öl-Milliarden unsere Politik beeinflussen

Ein Beitrag von

Werner Hoffmann
– Demokratie der Mitte, weil Extremflügel das Land zerstören. –

Was viele für „amerikanische Innenpolitik“ halten, ist in Wahrheit ein globales Netzwerk der fossilen Strategen:

internationale Think Tanks, die seit Jahrzehnten Klimaschutz blockieren,

Politik manipulieren und rechtspopulistische Parteien stärken.

Heritage Foundation, Heartland Institute, Cato Institute, American Enterprise Institute, Competitive Enterprise Institute, Atlas Network – sie alle bilden das ideologische Rückgrat der weltweiten Fossil-Lobby.

Diese Netzwerke schreiben nicht nur Studien.

Sie schreiben Politik. Sie schreiben Narrative.

Sie schreiben Angst. Und sie tun es im Auftrag der mächtigsten Industrie der Weltgeschichte: Öl, Gas und Kohle.

1. Ein globales Netzwerk der fossilen Macht

Internationale Fossil-Think-Tanks arbeiten arbeitsteilig.

Die einen liefern scheinbar „wissenschaftliche“ Gutachten, die anderen platzieren Botschaften in Medien,

wieder andere beraten Parteien und Regierungen im Hintergrund. Gemeinsam erzeugen sie ein Klima des Zweifelns, Verzögerns und Spaltens.

Heritage Foundation, Heartland Institute, Cato Institute, American Enterprise Institute und andere Organisationen sind dabei längst nicht mehr nur analytische Denkfabriken.

Sie agieren als Kampagnenzentralen, als Lobbybüros, als PR-Agenturen und als politische Ideologiefabriken.

Der Begriff „Think Tank“ klingt harmlos – tatsächlich handelt es sich um hochprofessionelle politische Einflussmaschinen.

Finanziert werden sie zu großen Teilen von Akteuren, die ein massives Interesse daran haben, fossile Geschäftsmodelle so lange wie möglich weiterlaufen zu lassen: Ölkonzerne, Kohleunternehmen, Gasgiganten, aber auch milliardenschwere Familienclans, die ihr Vermögen in diesen Industrien aufgebaut haben.

2. Der Ursprung: Koch Industries & ExxonMobil

Besonders sichtbar wird diese Struktur am Beispiel von Koch Industries und ExxonMobil.

Beide Konzerne haben über Jahrzehnte hinweg gezielt Organisationen unterstützt, die den wissenschaftlichen Konsens zur menschengemachten Erderwärmung infrage stellen oder relativieren sollten.

Koch Industries finanzierte ein dichtes Netz von Stiftungen, Instituten und Vereinen, die allesamt ein ähnliches Muster bedienen:

Sie propagieren „Marktfreiheit“, „Deregulierung“ und „individuelle Verantwortung“, lehnen aber konsequent jede Form wirksamer Klimapolitik ab.

In Studien und Kampagnen wird der Eindruck erweckt, Klimaschutz sei vor allem ein Angriff auf Wirtschaft, Arbeitsplätze und „Freiheit“.

ExxonMobil wiederum hatte bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren interne Forschung, die sehr deutlich vor den Folgen steigender CO₂-Emissionen warnte.

Dennoch finanzierte der Konzern über Jahrzehnte externe Organisationen, die genau diese Erkenntnisse öffentlich relativierten oder bestritten.

Die Lüge war dabei kein Missverständnis, sondern Bestandteil einer bewusst geplanten Kommunikationsstrategie: Zweifel säen, Zeit gewinnen, Regulierung verhindern.

3. Das Atlas Network – die Fossil-Internationale

Eine zentrale Rolle spielt das Atlas Network, ein Verbund von über 500 Think Tanks weltweit. Unter seinem

Dach versammeln sich Institute aus Nord- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien, die alle eine ähnliche ideologische Grundlinie vertreten:

radikale Marktorientierung, Ablehnung von Regulierung und ein ausgeprägter Widerstand gegen Klimaschutzpolitik.

Zum Atlas Network gehören unter anderem das Fraser Institute in Kanada, das Institute of Economic Affairs in Großbritannien und zahlreiche kleinere, aber hochaktive Organisationen in Europa.

Sie produzieren Studien, Policy-Papiere, Kampagnenwebsites und Social-Media-Inhalte, die immer wieder dieselben Narrative bedienen:

  • CO₂ sei „Pflanzennahrung“ und daher weniger problematisch,
  • Klimaschutz sei der wahre Kostentreiber bei Energiepreisen,
  • Erneuerbare Energien seien angeblich unzuverlässig und gefährlich für die Versorgungssicherheit,
  • Elektromobilität und Wärmepumpen würden Freiheit und Wohlstand zerstören.

Diese Botschaften werden in unterschiedlichen Sprachen, kulturellen Kontexten und politischen Systemen ausgespielt – das Grundmuster bleibt jedoch identisch.

Es handelt sich um eine international koordinierte Narrativfabrik der Fossil-Lobby.

4. Die Verbindung nach Deutschland: CDU, FDP und AfD

Deutschland erscheint vielen Bürgerinnen und Bürgern als relativ abgeschottet von US-Lobbynetzwerken. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall:

Zahlreiche deutsche Akteure stehen in direktem oder indirektem Austausch mit internationalen Fossil-Think-Tanks.

Teile des wirtschaftsliberalen (=neoliberal!) und konservativen Flügels von CDU und CSU orientieren sich seit Jahren an US-amerikanischen Vorbildern.

Kontakte zu Institutionen wie der Heritage Foundation oder dem American Enterprise Institute sind dokumentiert, gemeinsame Konferenzen, Hintergrundgespräche und Strategietreffen gehören zum Repertoire.

In der politischen Kommunikation tauchen auffallend ähnlich formulierte Argumente gegen Klimaschutzmaßnahmen auf.

Auch FDP-nahe Netzwerke und wirtschaftsliberale Think Tanks in Deutschland stehen teilweise in Verbindung mit dem Atlas Network.

Sie übernehmen Narrative über „überzogene Klimapolitik“, „Verbotskultur“ und „Freiheitsfeinde“, die direkt aus US-Kampagnen stammen.

Der Übergang von ökonomischem Neoliberalismus zu fossiler Lobbyarbeit ist fließend.

Besonders offen agiert die AfD. Vertreter der Partei sind bei Konferenzen des Heartland Institute aufgetreten, traten gemeinsam mit bekannten Klimaleugnern auf und verbreiten deren Thesen nahezu wortgleich in Deutschland weiter.

AfD-Programme und -Reden lassen sich an vielen Stellen als Übersetzung und Zuspitzung der amerikanischen Klimaleugner-Rhetorik lesen.

Auf diesem Weg wird die AfD zu einer Art deutscher Außenstelle der internationalen Anti-Klimaschutz-Szene.

5. Wissenschaftsangriffe als politisches Werkzeug

Ein typisches Muster dieser Think Tanks lässt sich in drei Schritten zusammenfassen: Doubt – Delay – Divide.

Doubt (Zweifel säen): Zunächst wird die wissenschaftliche Grundlage von Klimaschutzmaßnahmen infrage gestellt.

Es wird so getan, als sei völlig unklar, ob der Mensch überhaupt Einfluss auf das Klima habe oder ob CO₂ tatsächlich die entscheidende Rolle spiele.

Dazu werden vermeintliche „Gegenexperten“ aufgebaut, die mit Fachbegriffen und Studienverweisen arbeiten, aber in der wissenschaftlichen Gemeinschaft kaum anerkannt sind.

Delay (Verzögern):

Im zweiten Schritt wird argumentiert, man brauche „noch mehr Forschung“, bevor man handeln könne.

Klimaschutz wird so lange wie möglich aufgeschoben. Jede neue Studie wird als Anlass genutzt, erneut zu diskutieren, statt endlich zu handeln.

In der Praxis bedeutet das: Jahrzehnte werden verspielt, in denen Emissionen weiter ungebremst steigen.

Divide (Spalten): Schließlich werden Gesellschaften gezielt polarisiert. Klimaschutz wird als Projekt einer angeblichen „Elite“ dargestellt, die „normalen Menschen“ ihren Lebensstil wegnehmen wolle.

So entstehen künstliche Fronten: Stadt gegen Land, „Auto-Fahrer“ gegen „Radfahrer“, „arbeitende Bevölkerung“ gegen „Öko-Studenten“.

Die Debatte verroht, Sachargumente treten in den Hintergrund, Emotionen übernehmen.

Der Angriff auf Wissenschaft ist in diesem System kein Nebeneffekt, sondern strategisches Werkzeug. Wer Vertrauen in Forschung und Fakten zerstört, schafft Raum für jede beliebige Propaganda.

6. Warum Deutschland das perfekte Ziel ist

Deutschland ist für diese globale Fossil-Strategie ein besonders attraktives Ziel.

Das Land ist wirtschaftlich stark, technologisch führend und politisch einflussreich innerhalb der EU.

Gelingt es, deutsche Klimapolitik zu blockieren oder auszuhöhlen, schwächt das automatisch auch die europäische Vorreiterrolle.

Gleichzeitig ist Deutschland innenpolitisch verwundbar.

Hohe Energiepreise, Unsicherheit über Industriearbeitsplätze, historische Erfahrungen mit Inflation und wirtschaftlichen Krisen, eine oft emotional aufgeladene Medienlandschaft – all das bietet ideale Angriffspunkte für fossile Desinformation.

Wenn dann noch bewusst Ängste vor sozialem Abstieg, Arbeitsplatzverlust und kulturellem Wandel geschürt werden, entsteht ein perfektes Umfeld für Polarisierung.

Internationale Fossil-Think-Tanks nutzen diese Schwachstellen gezielt. Ihre Narrative werden über transatlantische Netzwerke, Konferenzen, Medienpartnerschaften und Social-Media-Kampagnen nach Deutschland importiert und hier von politischen Akteuren weiterverbreitet.

In vielen Fällen erkennen Bürgerinnen und Bürger kaum noch, dass es sich um importierte Strategien handelt – sie wirken wie „eigene“ nationale Debatten.

7. Resümee

Kapitel 6b – Teil 13 zeigt: Hinter vielen scheinbar „deutschen“ Klimadebatten stehen internationale Strukturen, die über Jahrzehnte hinweg aufgebaut wurden.

Fossil-Think-Tanks wie Heritage, Heartland, Cato, AEI und das Atlas Network fungieren als globale ideologische Schaltzentralen, finanziert von Öl-, Gas- und Kohleinteressen.

Sie säen Zweifel, verzögern Entscheidungen und spalten Gesellschaften. In Deutschland finden sie dank politischer Anschlussfähigkeit bei AfD, Teilen der FDP und konservativen Flügeln von CDU/CSU willige Multiplikatoren.

Was als „Meinungsvielfalt“ verkauft wird, ist oft das Ergebnis hochprofessioneller, milliardenschwer finanzierter Einflussnahme.

Wer die Klimakrise ernst nimmt und demokratische Entscheidungsprozesse schützen will, muss diese Netzwerke sichtbar machen.

Nur wenn klar wird, wer hinter welchen Narrativen steht, können Bürgerinnen und Bürger informierte Entscheidungen treffen – und sich gegen die perfide Macht der internationalen Fossil-Ideologen wehren.

#FossileLobby #AtlasNetwork #Klimadesinformation #DarkMoney #DemokratieInGefahr

error

Gefällt Dir der Blog-Demokratie? Einfach weiterempfehlen