„Werner Hoffmann Wikipedia ist keine seriöse Quelle mehr. Die Justiz und auch Hochschulen wurden angewiesen, sich darauf nicht mehr zu beziehen, weil zu viele Fake News dort kursieren. Jeder Idiot kann dort schreiben.“
Diese Aussage ist in mehrfacher Hinsicht falsch:
1. Keine generellen Verbote
Es gibt weder von Gerichten noch von Hochschulen eine generelle Anweisung, Wikipedia nicht zu nutzen.
Hochschulen verlangen bei wissenschaftlichen Arbeiten Primärquellen – das gilt für alle Sekundärquellen, nicht nur für Wikipedia. Als Einstieg ins Thema und zur Suche nach seriösen Quellen ist Wikipedia weiterhin geeignet.
2. Qualitätssicherung statt Chaos
Wikipedia unterliegt strengen Regeln wie Belegepflicht und Neutralität. Falsche oder unbelegte Aussagen werden oft innerhalb von Minuten korrigiert. Sensible Artikel sind oft geschützt, sodass nur erfahrene Nutzer bearbeiten können.
3. Gerichte und Behörden nutzen Wikipedia
Gerichte in Deutschland, EU-Behörden und Forschungseinrichtungen haben Wikipedia schon vielfach als Referenz genutzt – immer in Verbindung mit anderen, belastbaren Quellen.
4. Offene Plattform, aber nicht unkontrolliert
Ja, theoretisch kann jede*r mitschreiben – praktisch gibt es aber Schutzmechanismen, Sperrlisten und aktive Moderation.
5. Ihre Netzwerke
Frau Pacino, Sie folgen auf LinkedIn auffällig vielen Personen, die dem Umfeld von Thomas Gutenberger und seinen klar rechts außen stehenden Anhängern zuzuordnen sind. Zumindest macht es auf mich den Eindruck, denn viele dieser Namen tauchen mir bei rechten oder rechtspopulistischen Kommentaren immer wieder auf.
6. Typisches Muster
Ihre Behauptung über Wikipedia findet sich inhaltlich immer wieder bei:
Rechtspopulisten,
der Fossil-Lobby,
Corona-Leugnern,
Impfgegnern,
und Leugnern des menschengemachten Klimawandels
Verschwörungsanhänger und Verschwörungsentwickler
7. Was ich damit mache
Gerade weil solche Aussagen oft Teil von gezielten Desinformationskampagnen sind, werde ich Ihren Kommentar zum Anlass nehmen, einen eigenen Beitrag auf meinem Blog „Demokratie der Mitte“ zu veröffentlichen – mit belegbaren Fakten, die das Gegenteil Ihrer Behauptungen zeigen. So bekommt das Thema nicht weniger, sondern mehr Öffentlichkeit – allerdings mit seriösen Informationen.
– Demokratie der Mitte, weil Aufklärung besser ist als Angstpropaganda –
Wenn es um Migration, Erwerbstätigkeit und Sozialleistungen geht, kochen die Emotionen schnell hoch – und leider wird das Thema oft von rechtspopulistischen Stimmen genutzt, um Ängste zu schüren.
Ein aktuelles Beispiel lieferte Bernd Busse, CDU-Wahlkandidat 2024 mit 184 Stimmen und selbsternannter „Fairtrade-Immobilienmakler“. Er schrieb sinngemäß:
„Wenn die Hälfte der Zugewanderten dauerhaft von Sozialleistungen lebt, dann ist das keine Fachkräfteoffensive, sondern eine Belastung für das System. Das als Erfolg zu verkaufen, ist blanker linker Populismus ….“
(Original S. Unten)*
Kurz darauf meldete sich auch Lothar Löber zu Wort und schrieb:
„Werner Hoffmann, dann seien Sie doch als eh. CORONA-Maßnahmen-Befürworter doch stolz darauf, daß Sie zum extrem äußersten linken Flügel der Ges. zählen! Auch da gibt es Standpunkte und nicht nur Haltestellen!“
Meine Antwort darauf: „Herr Löber, wenn wissenschaftlich begründete Maßnahmen in einer Pandemie schon als „extrem äußerster linker Flügel“ gelten, dann sollten wir diesen Flügel vielleicht einfach in „gesunder Menschenverstand“ umbenennen. Standpunkte habe ich – feste, gut begründete. Haltestellen überlasse ich lieber dem öffentlichen Nahverkehr. Und wenn Rechtsradikale mich als „links“ bezeichnen, zeigt das vor allem, wie weit sie selbst nach rechts gerutscht sind.“
Die harten Zahlen sprechen eine andere Sprache
Erwerbstätige
2010: rund 41 Millionen Erwerbstätige in Deutschland,
2019: deutlicher Anstieg,
2024: 46 Millionen Erwerbstätige.
Das bedeutet: In nur 14 Jahren gab es einen Zuwachs von 5 Millionen Erwerbstätigen. Ohne Migration sähe das Bild jedoch völlig anders aus – wir lägen dann heute bei lediglich rund 37 Millionen Erwerbstätigen.
Migration als tragende Säule unseres Arbeitsmarktes
Diese 5 Millionen zusätzlichen Arbeitskräfte sind nicht einfach „Rentenverweigerer“ oder nur Schul- und Studienabgänger. Ein großer Teil sind Menschen mit Migrationshintergrund, die in Bereichen arbeiten, in denen der deutsche Arbeitsmarkt massive Lücken hat:
Pflege – ohne internationale Fachkräfte würde das Gesundheitssystem kollabieren,
Handwerk – von Bau über Installation bis hin zu Reparaturdiensten,
Industrie – insbesondere in produzierenden Branchen mit hohem Fachkräftebedarf,
IT und Technologie – ein global umkämpfter Markt, in dem Deutschland ohne Zuwanderung noch weiter zurückfallen würde.
Demokratie vs. Populismus
Demokratie bedeutet, auf Grundlage von Daten zu argumentieren und faktenbasierte Entscheidungen zu treffen. Populismus hingegen lebt davon, Emotionen zu schüren, Gruppen gegeneinander auszuspielen und komplexe Zusammenhänge auf griffige Schlagworte zu reduzieren.
Besonders auffällig: Für viele Rechtspopulisten und Rechtsextreme gilt bereits jeder, der demokratisch argumentiert, automatisch als „links“. Das ist nicht nur absurd, sondern auch ein Angriff auf die politische Mitte – und genau das scheint oft Ziel dieser Rhetorik zu sein.
Der vergessene Fakt: Erwerbstätige unter dem Existenzminimum
Ein Aspekt, den Populisten gerne verschweigen: 20 % der erwerbsfähigen Leistungsbezieher – rund 800.000 Menschen – sind sogenannte Aufstocker. Das heißt: Sie arbeiten, ihr Lohn ist jedoch so niedrig, dass er nicht einmal das Existenzminimum deckt.
Hier liegt eines der eigentlichen Probleme: Nicht zu viele Sozialleistungen, sondern zu viele schlecht bezahlte Jobs, die ohne staatliche Unterstützung nicht existenzsichernd wären.
Alleinerziehende im Sozialleistungsbezug – eine besonders verletzliche Gruppe
Ein oft übersehener Aspekt: Rund 142.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte (ELB) im SGB II sind alleinerziehend (Stand: 2019). Diese Menschen tragen die alleinige Verantwortung für ihre Kinder und stehen oft vor der doppelten Herausforderung, Arbeit und Betreuung unter einen Hut zu bringen.
Genaue Zahlen dazu, wie viele dieser Alleinerziehenden Kinder bis 13 oder 14 Jahre haben, sind in den offiziellen Statistiken leider nicht verfügbar. Klar ist jedoch: Je jünger die Kinder, desto schwieriger ist eine Vollzeiterwerbstätigkeit ohne verlässliche Betreuungsinfrastruktur.
Auch im größeren Kontext zeigt sich: 1,7 Millionen Familien in Deutschland sind alleinerziehend – das sind rund 20 % aller Familien mit Kindern. Besorgniserregend: 62 % der Kinder in diesen Familien erleben dauerhafte oder wiederkehrende Armut.
Das zeigt: Bei Debatten über Sozialleistungen geht es nicht um „Faulheit“ oder „Systemmissbrauch“, sondern oft um strukturelle Hürden, die besonders Alleinerziehende treffen – und damit unmittelbar auch ihre Kinder.
Resümee
Die Erzählung, Zuwanderung sei in erster Linie eine „Belastung“, zerbricht an der Realität der Zahlen. Ohne Migration hätten wir heute nicht nur deutlich weniger Erwerbstätige, sondern auch gravierende Versorgungslücken in zentralen Bereichen des Lebens. Wer das verschweigt oder bewusst ignoriert, betreibt nicht Aufklärung, sondern gefährlichen Populismus.