Ein Prozess gegen die Correctiv-Recherche mit einem Urteil, aber ohne die Kernaussagen zu entkräften

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Absolut lesenswerte juristische Einordnung der Vorwürfe gegen Correctiv.
Bitte auf der Zunge zergehen lassen, liebe ach so gebeutelte und missverstandene AfD-Unterstützer:
«Damit steht fest: Der Tatsachenkern der Correctiv-Berichterstattung wird juristisch nicht angegriffen: Das Treffen in Potsdam, die Teilnahme von Herrn Vosgerau, der Vortrag des Rechtsextremisten Sellner über „Remigration“ und darüber, dass gegenüber Staatsbürgern, die nicht assimiliert sind, „Anpassungsdruck“ erzeugt werden müsse. Auch die Aussage von Gernot Mörig es gehe darum, „ob wir als Volk im Abendland noch überleben oder nicht“, bleibt unbeanstandet. Ebenso die Aussage der AfD-Politikerin Huy, man könne Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, „die deutsche wieder wegnehmen“.»

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Ein Correctiv-Bericht über ein Treffen von Rechtsextremisten mit Vertreibungsplänen hat Deutschland in Aufregung versetzt. Vor Gericht überbieten sich die Parteien nun mit eidesstattlichen Versicherungen. Was steht für Correctiv auf dem Spiel?

Dieser Text erscheint zeitgleich bei Übermedien.

Ganze 15 eidesstattliche Versicherungen sind inzwischen bei der Pressekammer des Landgerichts Hamburg zum Verfahren 324 O 61/24 eingegangen. Hinter dem Aktenzeichen steckt ein Gerichtsverfahren zum Correctiv-Artikel „Geheimplan gegen Deutschland„, der bundesweit und international für Aufsehen sorgt. Im Artikel geht es um ein Treffen von rechten Politikern und Rechtsextremen in Potsdam Ende November 2023, zu dem Correctiv investigativ recherchiert hatte. „Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“, fasst das Medium das Treffen zusammen. „Wichtigstes Ziel“ sei es, Menschen „aufgrund rassistischer Kriterien“ aus Deutschland zu vertreiben – „egal, ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht.“

Die Folgen der Correctiv-Recherche waren beispiellos: Hunderttausende Menschen sind infolge des Berichts und der nachfolgenden Berichterstattung anderer Medien gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Der in sieben Sprachen übersetzte Text fand internationale Beachtung, wird als Recherche des Jahres oder des Jahrzehnts bezeichnet. AfD-Chefin Alice Weidel entließ wegen der Erkenntnisse des Artikels ihren persönlichen Referenten, der an dem Treffen teilgenommen hatte. Und die französische Rechtsextremistin Marine Le Pen sah sich zu einer Distanzierung von der AfD veranlasst.

Auch das anstehende Gerichtsverfahren bekommt große Aufmerksamkeit, selbst die Tagesschau berichtete bereits. Angestrengt hat es ein Teilnehmer des Treffens, der Verfassungsrechtler und AfD-Anwalt Ulrich Vosgerau. Er will Aussagen in dem Beitrag verbieten lassen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen, im Verfahren würde geklärt, ob die zentralen Vorwürfe im Bericht der Wahrheit entsprechen.

Schlacht der eidesstattlichen Versicherungen?

Verfassungsrechtler Vosgerau wird vertreten von Rechtsanwalt Carsten Brennecke (Höcker Rechtsanwälte). Dieser hat seinem Verbotsantrag sieben eidesstattliche Versicherungen beigelegt. Wer eine solche Erklärung zur Vorlage bei Gericht abgibt und darin lügt, wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft (§ 156 StGB). Daher besteht die im Grundsatz berechtigte Erwartung, dass keine falschen Versicherungen abgegeben werden. 

Eine der Versicherungen stammt von Vosgerau persönlich, sechs weitgehend wortgleiche von anderen Teilnehmern des Potsdamer Treffens. In den Versicherungen heißt es u.a., dass auf dem Treffen „weder über eine Ausweisung von Staatsbürgern mit deutschem Pass gesprochen oder gar diese geplant“ wurde, noch sei besprochen worden, „Menschen anhand rassistischer Kriterien, wie Hautfarbe oder Herkunft, auszuwählen und aus Deutschland auszuweisen“. Die Teilnehmer hätten „zu keinem Zeitpunkt eine Remigration von Menschen mit deutschem Pass gefordert oder geplant“. 

Am Dienstag zog nun das Recherchemedium nach. Dessen Anwalt Thorsten Feldmann (JBB Rechtsanwält:innen) reichte sogar acht eidesstattliche Versicherungen bei Gericht ein, allesamt von Correctiv-Mitarbeitern. Darin versichern die Journalistinnen und Journalisten ebenfalls weitgehend wortgleich, es sei aus ihrer journalistischen Sicht gesichert, dass ihre Quellen den im Artikel geschilderten Inhalt der Veranstaltung zutreffend wiedergeben. Insbesondere habe der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner gesagt, es gäbe drei Zielgruppen der „Remigration“: „Asylanten“, „Nicht-Staatsbürger“ und die „Staatsbürger, die nicht assimiliert“ seien, letztere seien laut Sellner das größte Problem. Hier habe Sellner die Lösung vorgeschlagen, man könne diese Menschen durch „maßgeschneiderte Gesetze“ und „hohen Assimilations- und Anpassungsdruck“ dazu bewegen, das Land zu verlassen. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy habe den Vorschlag eingebracht, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche wieder wegzunehmen. 

Kernvorwürfe werden nicht angegriffen

Wird es also nun eine Gerichtsschlacht um eidesstattliche Versicherungen geben? Wird es darum gehen, ob Vosgeraus Versicherungen den zentralen Punkten der Correctiv-Recherche widersprechen? Ob ob die Einlassungen des Mediums die eigenen Aussagen überhaupt tragen? Wird die Frage behandelt werden, was Erklärungen von Journalisten wert sind, wenn sie einen Sachverhalt nur aus zweiter Hand versichern können? Und könnte am Ende des Verfahrens ein Urteil dazu stehen, ob die Teilnehmer der Veranstaltung zu Unrecht beschuldigt wurden, Vertreibungspläne geschmiedet zu haben?

All das wohl kaum. Der zuständige Richter kann nach interessierter Lektüre die eidesstattlichen Versicherungen weitestgehend beiseitelegen. Denn im Gerichtsverfahren geht es gar nicht um die Kernvorwürfe des Correctiv-Berichts. So verlangt Vosgerau in seinem gerichtlichen Antrag nur Unterlassung von Aussagen, die seine eigene Person betreffen – und nur insoweit kommt es dann auch auf seine eidesstattliche Versicherung an. So sieht er etwa seine Stellungnahme zu dem Treffen im Bericht unvollständig dargestellt und die ihm zugeschriebenen Aussagen zu jungen Türkinnen und Wahlbeschwerden als unwahr an. 

Doch die Kernvorwürfe rund um das „Remigrationskonzept“ greifen weder er noch ein anderer Teilnehmer des Treffens gerichtlich an, sodass das Landgericht Hamburg über deren Zulässigkeit hierüber weder urteilen muss noch darf. Denn im Zivilrecht herrscht die sogenannte Parteimaxime: Entschieden wird nur über die gestellten Anträge. Was überdies sonst so in eidesstattlichen Versicherungen steht, hat die Richter nicht zu interessieren, wenn die dortigen Aussagen für die zu entscheidenden Fragen ohne Bedeutung sind. 

Vosgeraus Anwalt hält Kernvorwürfe für zulässige Meinungsäußerungen

Damit steht fest: Der Tatsachenkern der Correctiv-Berichterstattung wird juristisch nicht angegriffen: Das Treffen in Potsdam, die Teilnahme von Herrn Vosgerau, der Vortrag des Rechtsextremisten Sellner über „Remigration“ und darüber, dass gegenüber Staatsbürgern, die nicht assimiliert sind, „Anpassungsdruck“ erzeugt werden müsse. Auch die Aussage von Gernot Mörig es gehe darum, „ob wir als Volk im Abendland noch überleben oder nicht“, bleibt unbeanstandet. Ebenso die Aussage der AfD-Politikerin Huy, man könne Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, „die deutsche wieder wegnehmen“. 

Ebenso wenig richtet sich der Antrag gegen folgende zentrale Aussagen der Recherche, wie: 

  • „Sie planten nichts Geringeres als die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“. 
  • „Menschen sollen aus Deutschland verdrängt werden können, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben – und aus Sicht von Menschen wie Sellner nicht ausreichend „assimiliert“ sind. Auch wenn sie deutsche Staatsbürger sind.
  • Ihr wichtigstes Ziel: „Menschen sollen aufgrund rassistischer Kriterien aus Deutschland vertrieben werden können – egal, ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht.“
  • „‚Masterplan‘ zur Ausweisung deutscher Staatsbürger“

Das sind harte Vorwürfe, warum also geht Vosgerau nicht gegen sie vor? Weil sie wahr sind – oder weil sie nicht angreifbar sind? Rechtsanwalt Brennecke erklärte bereits gegenüber der Welt, der Artikel von Correctiv sei seiner Einschätzung nach so geschrieben, dass er viele Wertungen enthalte, die man äußerungsrechtlich nicht angreifen könne, weil es sich nicht um Tatsachenbehauptungen handele. Das betreffe insbesondere die Aussage, man habe auf dem Treffen über die Ausweisung deutscher Staatsbürger nach rassistischen Kriterien gesprochen. „Correctiv hat es geschickt vermieden, das als Tatsachenbehauptung zu berichten. Das ist der einzige Grund, wieso meine Mandanten nur gegen einzelne niederschwellige Passagen und nicht gegen die zentralen Vorwürfe vorgehen“, so Brennecke.

Unübliche Zurückhaltung

Das erstaunt zunächst. Denn meist argumentieren Betroffenenanwälte, wenn irgend möglich, dass ein Medium eine Tatsachenbehauptung und eben keine Meinungsäußerung verbreitet habe. Denn nur Tatsachenbehauptungen – definiert als Aussagen, die dem Beweis zugänglich sind – können als „unwahr“ verboten werden. Zudem kann etwa auch dagegen vorgegangen werden, wenn wichtige Tatsachen weggelassen werden und so ein falscher Eindruck entsteht. Meinungsäußerungen hingegen können nur dann verboten werden, wenn konkrete Anknüpfungstatsachen für diese fehlen. Etwa, wenn man jemanden als Faschist bezeichnet, obwohl sich diese Person niemals in Richtung Faschismus geäußert hat

Auf unsere Anfrage erklärt Anwalt Brennecke, es seien aus seiner Sicht „die minimalen Anforderungen“ an die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung gegeben. Mit den entsprechenden sachlichen Anknüpfungspunkten dürften die genannten nicht angegriffenen Tatsachenschilderungen von Correctiv gemeint sein – also etwa, dass Sellner unstreitig den entsprechenden Vortrag zur Remigration hielt, auf dem er laut Bericht „nicht assimilierte Staatsbürger“ als das größte Problem bezeichnete und sodann Anpassungsdruck als Maßnahme vorschlug. 

Auch Correctiv geht von zahlreichen Meinungsäußerungen aus

Doch gehen die oben genannten zentralen Aussagen der Recherche auf faktischer Ebene nicht über diese Tatsachen hinaus? Etwa wenn es im Text heißt: „Menschen sollen aufgrund rassistischer Kriterien aus Deutschland vertrieben werden können – egal, ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht.“ Oder wenn am Ende des Textes von einem „‚Masterplan‘ zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern“ die Rede ist?

Was sagt Correctiv dazu? Verteidigt das Medium derartige Aussagen seiner Recherche als Tatsachen? Auf Anfrage antwortete das Medium zwar, dass der Artikel „in weit überwiegendem Umfang streng faktisch gehalten sei und damit in sehr erheblichem Maße Tatsachenschilderungen enthält“. Es habe „keine Flucht in das Werturteil“ gegeben. Doch auf die Konfrontation mit den oben zitierten Aussagen im Correctiv-Bericht, etwa zu Vertreibungsplänen gegenüber Millionen Menschen wegen „falscher Hautfarbe oder Herkunft“, heißt es, es handele sich um „Überzeugungen“, „unsere Auffassung“, „wertende Schlussfolgerungen“, „allerdings auf sehr dichter und belastbarer faktischer Basis.“  Also um Meinungen und keine Tatsachenbehauptungen. 

Nun ist es durchaus üblich, dass Investigativformate Rechercheergebnisse in einem Beitrag selbst bewerten. Recherchetexte leben auch davon, dass Ergebnisse nicht nur dargestellt, sondern auch eingeordnet und gewürdigt werden. Dazu gehört auch eine Verdichtung auf eine These. 

Was kommt beim Leser an?

Dennoch werden manche Wertungen von Correctiv für viele Leser wohl Eindrücke hinterlassen, die über die dargestellten Tatsachen hinausgehen. So wird etwa pauschal im Teaser in Bezug auf die Teilnehmer davon gesprochen, „(sie) planten nicht Geringeres als die Vertreibung von Millionen Menschen“, obwohl damit eigentlich – so die Antwort von Correctiv auf unsere Anfrage – gemeint ist, dass „dieser Plan von Herrn Dr. Mörig und Herrn Sellner entwickelt und verfolgt“ wird, und dieser nach Potsdam einlud, „um um Unterstützung und Förderung des Masterplans zu werben“. Es ging also offenbar nicht um die konkrete Planung durch ein Kollektiv.

Entsprechend beschreiben auch die eidesstattlichen Versicherungen von Correctiv Sachverhalte, die hinter den Aussagen im Artikel selbst zurückbleiben. Die Aussagen Sellners zur Remigration werden versichert, ebenso, dass die AfD-Abgeordnete Gerrit Huy den Vorschlag eingebracht habe, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche wieder wegzunehmen. Doch von „Vertreibung von Millionen“, „rassistischen Kriterien“, „falscher Hautfarbe oder Herkunft“, einem „‚Masterplan‘ zur Ausweisung deutscher Staatsbürger“ ist dort nicht die Rede. Offenbar weil derartige Äußerungen nicht auf der Veranstaltung gefallen sind, sondern einordnende Wertung von Correctiv sind.

Erstaunliche Einigkeit also zwischen Angreifer und Verteidiger: Zentrale Aussagen im Correctiv-Bericht werden übereinstimmend als zulässige Meinungsäußerungen eingestuft. Die Berichterstattung wird somit für zulässig gehalten.

Warum dann die eidesstattlichen Versicherungen?

Wenn nun allerdings beide Seiten der Auffassung sind, dass es sich bei zentralen Aussagen ohnehin um zulässige Meinungsäußerungen handelt, warum werden dann zuhauf eidesstattliche Versicherungen eingereicht? Ist das nicht ein Widerspruch? Auf Anfrage sagt Brennecke, es sei nicht widersprüchlich, in einem Prozess eidesstattliche Versicherungen zum Kernvorwurf eines Berichts einzureichen, diesen selbst aber nicht anzugreifen. Es sei sogar rechtlich geboten, da es das Gericht für bedeutsam halten könnte, dass auch den Hauptvorwürfen entgegengetreten wird. 

Außerdem betont Brennecke, dass es ihn auch um Litigation-PR gehe. Damit bezeichnet man die begleitende Öffentlichkeitsarbeit zu rechtlichen Streitigkeiten. Er will so verhindern, dass Correctiv verkünden kann, die Teilnehmer würden dem Hauptvorwurf nicht entgegentreten. Mit den eidesstattlichen Versicherungen habe er die „als Meinungsäußerung formulierte Legende von Correctiv“ geradegerückt, glaubt er. Damit wird klar: Aus PR-Gründen sind die eidesstattlichen Versicherungen für Brennecke und Vosgerau überaus sinnvoll, für das Gerichtsverfahren selbst dienen sie aber vor allem als Nebelkerze. 

Correctiv-Rechtsanwalt Feldmann betont ebenfalls die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherungen für die öffentliche Wahrnehmung. Er teilt mit: „Im hiesigen Fall wäre es nicht erforderlich gewesen, die Versicherungen vorzulegen, weil nach unserer Überzeugung der Verfügungsantrag auch ohne sie zurückgewiesen werden kann und muss. Es war unserer Mandantin aber ein Anliegen, die durch die Recherche zutage geförderten Fakten zusätzlich zu bekräftigen.“

Kein Widerspruch zwischen eidesstattlichen Versicherungen 

Einigkeit besteht also im Grundsatz auch darüber, dass die eidesstattlichen Versicherungen primär nicht für das Gericht, sondern für den öffentlichen Diskurs und die Deutungshoheit von Bedeutung sind.

Tatsächlich widersprechen sich aber noch nicht einmal die Versicherungen. Vosgerau versichert, dass nicht über eine Ausweisung von Staatsbürgern mit deutschem Pass gesprochen wurde. Diese Aussage hat Correctiv aber – jedenfalls nach Ansicht beider Parteien – ohnehin nur als Meinung verbreitet („‚Masterplan‘ zur Ausweisung deutscher Staatsbürger“). Die eidesstattlichen Versicherungen von Correctiv nehmen jedenfalls keinen Bezug zu der Aussage. 

Weiter versichern die Correctiv-Mitarbeiter, dass die AfD-Abgeordnete Huy die Ausbürgerung von Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft vorgeschlagen habe („brachte den Vorschlag vor“). Demgegenüber versichert die Vosgerau-Seite, Teilnehmer hätten „zu keinem Zeitpunkt eine Remigration von Menschen mit deutschem Pass gefordert oder geplant“. Auf den ersten Blick könnte das ein Widerspruch sein. Doch lässt sich auch hier sagen, dass „Forderung“ und „Planung“ eben etwas anderes ist als ein „Vorschlag“. So bleibt zwischen beiden Versicherungen noch genug Luft, um keinen Widerspruch entstehen zu lassen.

All das muss und wird das Landgericht Hamburg aber auch nicht beschäftigen müssen, da die Correctiv-Aussagen zur „Ausweisung“ und zum konkreten Redebeitrag von Frau Huy eben nicht von Vosgerau angegriffen werden.  

Die Prognose: Der Kern des Correctiv-Berichts wird unangetastet bleiben 

Das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg ist damit für die Bewertung des Correctiv-Berichts von marginaler Bedeutung. Selbst wenn Vosgerau in Bezug auf seine persönlichen Aspekte gerichtlich Erfolg hätte, müsste Correctiv nur ein paar Formulierungen zu seiner Person im Text ändern. Die markanten Aussagen von Correctiv zu Vertreibungsplänen gegenüber Millionen Menschen, auch deutscher Staatsbürger anhand „rassistischer Kriterien“ blieben unangetastet. 

Das unstreitig bedeutsame Rechercheergebnis des Correctiv-Berichts zu einem gesellschaftlichen Rechtsruck ist ohnehin nicht von der Hand zu weisen: Ins bürgerliche Lager hinein – Unternehmer, CDU-Mitglieder, waren Teil des Treffens – wird diskutiert, wie durch Anpassungsdruck erreicht werden kann, dass auch deutsche Staatsbürger Deutschland verlassen. 

Der Correctiv-Bericht basiert also klar auf Fakten und nicht auf bloßen Meinungsäußerungen. Gleichsam erscheint die These plausibel, dass die große Wirkkraft des Artikels nicht allein durch diesen Tatsachenbefund, sondern gerade durch die starken Wertungen im Beitrag getragen wird. Was es über die Güte des Correctiv-Artikels aussagt, dass sehr wirkmächtige Aussagen als nicht angreifbare Meinungsaussagen formuliert wurden, dürfte – unabhängig von juristischen Fragen – eine Diskussion wert sein.