Butter und Margarine und der erste Untergang einer Demokratie

Ein Beitrag von Yves Willers

Yves Willers

Die Bauernlobby besiegelt den Untergang der ersten deutschen Demokratie – wegen Margarine.

Am 23. Dezember 1932 unterschreibt die Reichsregierung eine Verordnung zur Beimischung von teurer Butter in günstige Margarine. Dies geschieht auf Druck der mächtigen Bauernlobby, dem „Reichslandbund“. Die Maßnahme soll Not leidenden Bauernbetrieben helfen, die seit 1928 unter einem weltweiten Preisverfall leiden.

Auch wegen der Margarine stürzt der letzte verfassungstreue Kanzler der Weimarer Republik Kurt von Schleicher. Für die Sozialdemokraten ist die Butterbeimischung eine skandalöse Zwangsverteuerung der günstigen Margarine. Aber den „Landbündlern“ von der Agrarlobby reicht die Maßnahme nicht, sie fordert einen direkten Handelskrieg mit Dänemark.

Die Intrigen und Rochaden im Jahr 1932 im Umfeld des Reichspräsidenten Hindenburg ergäben eine „House of Cards“ Staffel. Maßgeblich für das Stürzen der Regierungen ist immer auch die Ablehnung der Bauern-Lobby, zuerst von Kanzler Brüning, später von von Schleicher.

An der Margarine zeigt sich, wie Heinrich August Winkler betont, ein verbandsinterner Spagat. Die Verbandsfunktionäre wollen die an Wahlstimmen zahlreichen Kleinbauern zum Protest gegen die Regierung mobilisieren, aber ihr eigentliches Anliegen ist ein anderes als die Butterpreise.

Für die politisch einflussreichen „ostelbischen“ Großgrundbesitzer gelten seit Beginn der Agrarkrise 1928 Sonderrechte, von denen kleine Bauernbetriebe nur träumen können. Während die Kleinbauern massenhaft von Insolvenzen und Pfändungen betroffen sind, gilt für Großbetriebe ein gesonderter Vollstreckungsschutz.

Die Kanzler Brüning und von Schleicher erwägen aber, 1932 Arbeitslose – die Arbeitslosenquote liegt bei 30% – im dünn besiedelten deutschen Osten anzusiedeln. Die Bauernlobby befürchtet, die Regierung könnte nun den Vollstreckungsschutz kippen, um den Boden der zahlungsunfähigen Großbetriebe an Neusiedler zu verteilen.

Nachdem die NS-Führung der Lobby den Vollstreckungsschutz garantiert, entzieht diese dem Kanzler die Unterstützung und wird Beförderer des Weges in die Diktatur.

Die BRD Geschichtsunterrichtsformel „Börsencrash – Arbeitslosigkeit -Diktatur“ prägt bis heute die Sicht, dass die Diktatur vor allem die Folge der Verzweiflung notleidender Menschen sei.

Doch sie ist maßgeblich die Folge der egoistischen Interessen einer kleinen, extrem wohlhabenden Elite von Großgrundbesitzer, die um ihre staatlichen Beihilfen und rechtlichen Privilegien abzusichern gegen die Regierungen intrigiert und die konservative Medienmacht von Hugenberg zum Schaden der Demokratie Attacke reiten lässt.

Bert Hoppe (s.u.) schreibt in seiner Analyse der Geschehnisse Anfang 1933: „Zwei Wochen nach der„Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wähnten sich die „Landbündler“, die ihre innere Gleichschaltung längst vollzogen hatten, am Ziel ihrer Wünsche.“

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